Erbbegräbnis

Wort zum Tage
Erbbegräbnis
24.11.2015 - 06:23
25.06.2015
Pfarrer Jörg Machel

Bis vor kurzem noch lag die Urne von Günther auf einem anonymen Grabfeld, weit hinten auf dem Friedhof. Immerhin hatten wir es geschafft, ihn in Kreuzberg zu bestatten. Das war ein harter Kampf mit den staatlichen Stellen. Sie wollten ihn irgendwo auf einem Friedhof am Stadtrand beerdigen lassen. Dort sei es ein paar Euro billiger und bei einem Sozialfall müsse man sich immer für die kostengünstigste Variante entscheiden. Daraufhin haben die Freundinnen und Freunde zusammengelegt und zugesichert, den Fehlbetrag zu übernehmen. Sie wollten Günther in ihrer Nähe haben, mitten in Berlin, direkt am Südstern, gut zu erreichen für jeden.

 

Mittlerweile kenne ich die zuständigen Sachbearbeiterinnen in verschiedenen Stadtbezirken; und ich habe keinen guten Ruf bei ihnen. Ich kompliziere alles, möchte immer eine Sonderregelung durchsetzen, das koste Zeit und damit Geld und das kann sich das arme Berlin eigentlich nicht leisten.

 

Eigentlich nicht – am Ende dann aber doch, zum Glück. Es geht immerhin um letzte Wünsche, es geht um einen Menschen, der gelebt hat und trauernde Freunde und Angehörige zurück läßt. Viele kommen gerne mit ihrer Trauer zu einem Grab, legen Blumen nieder, verweilen.

 

Dadurch, dass sich die anonyme Bestattung in weiten Teilen Deutschlands durchgesetzt hat, wird es aber  schwieriger, den Ort zu identifizieren, an den man seine Trauer tragen kann. Das fanden auch die Freunde  von Günther; und so haben wir uns zusammengesetzt und weitergedacht.

 

Als Gemeinde haben wir einen Vertrag mit unserem Friedhofsverband geschlossen und ein schwer geschädigtes Erbbegräbnisfeld restauriert und damit vor dem endgültigen Verfall bewahrt. Dafür dürfen wir auf dieser Fläche nun unsere Toten bestatten und ihre Namen auf einer Tafel verzeichnen.

Mit unseren Konfirmandinnen und Konfirmanden werden wir die Pflege dieser Fläche übernehmen und haben damit auch einen guten Anknüpfungspunkt, um  mit diesen jungen Leuten über die großen Lebensthemen von Leid, Tod und Trauer zu reden.

 

Inzwischen wurde die Grabstelle fertiggestellt und die Urne von Günther wurde umgebettet. Sein Name ist auf der schwarzen Granitplatte zu lesen und auch das Jahr seiner Geburt und seines Todes. Es werden weitere Namen dazu kommen. Die Menschen, die dort ihre letzte Ruhe finden, werden so unterschiedlich sein, wie die Besucherinnen und Besucher der Gemeinde.

 

Der Friedhof als Ort der Erinnerung, an dem man sich trifft, für mich hat das etwas sehr Tröstliches.

 

25.06.2015
Pfarrer Jörg Machel