Erkennungszeichen

Wort zum Tage
Erkennungszeichen
31.01.2018 - 06:20
10.01.2018
Pfarrerin Sandra Zeidler
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Woran erkennt man eigentlich einen Christen? Hier und heute, in Deutschland. Gibt es äußere Merkmale? Manche tragen ein Kreuz um den Hals. Aber das ist oft zum modischen Accessoire verkommen. Oder an dem Fisch-Aufkleber hinten am Auto. Einen Muslim könnte ich an der Gebetskette in der Hand erkennen, eine Muslima am Kopftuch. Einen frommen Juden an der Kippa auf dem Kopf, einen Sikh daran, dass er die Haare lang wachsen lässt und einen Turban trägt. Das sind starke äußere Zeichen mit denen jemand sagt: „Schau her, ich bin gläubig. Meine Religion und wie ich sie lebe ist mir wichtig.“ Aber genauso gibt es viele Gläubige, die nicht so ein äußerliches Erkennungszeichen tragen und ebenso fromm sind, im besten Sinn: Gottsucher und Fragende auf dieser Welt.

 

„An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen“ sagt Jesus in der Bergpredigt. In dem, was sie tun, sollen Christen erkennbar sein. Wenn sie nur heiße Luft daherreden und ihr Christsein vor allem darin besteht, sich in hetzerischen Reden gegen andere Menschen und andere Religionen abzugrenzen, dann sind das faule Früchte. Ich denke, einen Christen erkennt man daran, dass er seinen Mund aufmacht, wenn in deutschen Großstädten ein Jude, den man wegen seiner Kippa als Juden erkennt, angepöbelt wird. Wer durch Kleidung seine oder ihre Religionszugehörigkeit zeigen will, soll das tun dürfen. So frei sollten wir Christen sein.

 

Und woran erkennt man Christen noch? Ich wünsche mir, dass sie ihre Tradition kennen, ihre Geschichten und ihre Lieder. Dass sie nicht verschweigen, was sie trägt. Dass sie Kontur haben. Und zugleich sollen wir als Christen wissen, dass wir nicht der Weisheit letzter Schluss sind, dass wir fehlbare und endliche Wesen sind, dass in Gott das Leben und die Wahrheit begründet liegen.

Das erleichtert mich ungemein: ich muss nicht alles selber sein, nicht alles wissen. Wir dürfen uns als Christen die Freiheit nehmen, offen zu sein und ein weites Herz zu haben. Neben uns gibt es andere – andere Lebensentwürfe, andere Religionen, andere Gewissheiten, andere Hoffnungen. Ich bin eine unter vielen, mein Glaube ist einer unter vielen, mein Land ist eines unter vielen. Und die Menschen im anderen Glauben sind meine Geschwister – Menschen wie ich und anders als ich. Das wäre für mich ein schönes Zeichen für christlichen Glauben: den andern sehen und fragen: „Was trägt dich? An was glaubst du?“

 

10.01.2018
Pfarrerin Sandra Zeidler