Exodus

Wort zum Tage
Exodus
31.01.2020 - 06:20
03.01.2020
Barbara Manterfeld-Wormit
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Exodus: Es ist soweit. Wie die Stunde null mag sich das angefühlt haben in der Nacht der Entscheidung, als sich das Volk zum Gehen bereit machte. Heimlich – nach einer langen Zeit des Ringens und Verhandelns, der Katastrophen und Wortbrüche. Jetzt – endlich sollte es soweit sein: Exodus. Auszug. Raus aus der Knechtschaft – auf in die Freiheit. Das gleichnamige biblische Buch erzählt davon. Es ist das Zentrum jüdischer Glaubensgeschichte – eine große Erzählung für alle, die nach Freiheit suchen: die Geschichte vom Auszug Israels aus Ägypten – aus der Sklaverei in die Freiheit. Ganze 40 Jahre wanderte Israel durch die Wüste – angeführt von Mose. Durch jede Menge Tiefen, Rückschläge und Enttäuschungen. Doch am Ende hat es Israel geschafft. Exodus. Ein Wort, das für Hoffnung steht, für Mut und Selbstbewusstsein, Durchhaltevermögen und Freiheit.

Brexit. Jetzt ist es soweit. Mit dem heutigen Datum verlässt Großbritannien die Europäische Union. Nach langen, zähen Verhandlungen und erbittertem Streit. Die Zukunft ist offen, und wie damals beim Exodus verbinden sich auch hier Hoffnungen und Ängste mit einem Wort: Brexit. Für die einen bedeutet es Aufbruch in die langersehnte Freiheit – weg von der andauernden Knechtschaft europäischer Bevormundung und Ausbeutung. Für die anderen überwiegen Sorgen und Ängste um die Zukunft. Trauer um den Verlust. Damals wie heute gibt es Menschen, die gerne geblieben wären. Brexit – ein Wortmix aus Britain und Exit – Ausgang. So als sei da eine Tür, durch die man einmal geht, und fertig. Das Wort Exodus ist da ehrlicher, wie ich finde: Es verbindet die Bewegung: raus aus etwas – mit dem Prozess, dem mühevollen Weg, der eigentlich erst beginnt. Wie lange er dauert, wohin er führt, weiß keiner. Nur, dass es Geduld braucht, einen langen Atem – und immer wieder: Hoffnung. Ich persönlich bedauere den Brexit. Für mich bedeutet die EU in erster Linie Völkergemeinschaft, Zusammenhalt, wechselseitige Unterstützung und Bereicherung. Ich vermisse Freunde, die im Zuge des Brexit Deutschland verlassen mussten. Aber ich habe die Hoffnung, dass der einmal eingeschlagene Weg der Gemeinschaft weiter Früchte tragen wird. Dass vieles bleibt und uns weiter verbinden wird – wie zum Beispiel dieses Segenslied von John Rutter – passend zu diesem Tag – mit Worten aus dem 4. Buch Mose: Der Herr segne und behüte dich!

https://www.youtube.com/watch?v=QcYzO8Y4PH0

 

The Lord bless You and keep You from „Be Thou my Vision“ Sacred music by John Rutter (Composer John Rutter, Conductor John Rutter, Choir: The Cambridge Singers, Orchestra: City of London Sinfonia. Collegium Records 2004.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

03.01.2020
Barbara Manterfeld-Wormit