Friedensgebet

Wort zum Tage
Friedensgebet
11.05.2015 - 06:23
30.03.2015
Pastorin Anja Neu-Illg

In Hamburg-Altona, ganz bei mir um die Ecke, ist die Kirche der Stille.

 

Da gibt es einmal im Monat ein Friedensgebet. Ich bin da gern. Ich glaube, dass Gebete Kraft haben und dass sie sich auswirken. Auf die Beter selbst, aber auch auf die, für die gebetet wird. Das Friedensgebet in der Kirche der Stille ist schlicht und kurz und kommt mit wenigen Worten aus. Am Anfang ein Lied mit einer Gebärde.

 

Dann werden fünf Lebensbereiche angesprochen, für die man in der Stille um Frieden bitten kann. Am Schluss ein Gebet von Franz von Assisi. Das Lied am Anfang: „O Signore fa’ di me uno strumento della tua pace.“ Das ist bedeutet: „Herr, mache mich zu einem Werkzeug deines Friedens.“ Bei „strumento“ (Werkzeug) halten die Beter sich die Hände wie einen Spiegel vor das Gesicht. In fünf Schritten vollzieht sich nun die Bitte um Schalom. Schalom. Das ist Frieden, Wohl, Heilung , Ganzsein, Heil. Das Gebet beginnt mit den Worten:

 

Bitte um Schalom für dein Leben. Danach Stille. Der Frieden beginnt bei mir, nicht irgendwo da draußen. Minutenlang sinnen alle dem Schalom für ihr eigenes Leben nach. Die zweite Bitte: Bitte um Schalom für deine Familie. Wer gehört dazu? Wer kann Frieden gerade besonders gut gebrauchen? Die dritte Bitte: Bitte um Schalom für Freunde und Freundinnen, für die, die dich im Alltag begleiten. Wer teilt eigentlich den Alltag mit mir? Wer von den Freunden ist gerade aus dem Lot und braucht Frieden? Die vierte Bitte: Bitte um Schalom für die, die dir das Leben schwer gemacht haben oder zurzeit schwer machen. Manchmal freue ich mich an der Stelle minutenlang, dass mir keiner einfällt. Und wenn doch, dann ist es gut, dieses Gebet zu haben und Gedanken des Friedens zu versenden. Die fünfte Bitte schließt das Gebet ab: Bitte um Schalom für Menschen und Orte in dieser einen Welt, die Gottes Frieden besonders brauchen. Erst jetzt, die große eine Welt.

 

Ich sage im Stillen Städtenamen, die ich manchmal kaum aussprechen kann, nenne Terrororganisationen und Kriegstreiber, deren Motive mir fremd sind und bete um Frieden auch für sie. Am Schluss sind viele Gebete im Raum.

 

Einmal, während dieses stillen Gebets, hörte ich draußen eine skandierende Menge. Ich konnte nicht hören, was sie schrien; aber es hörte sich nicht gut an. Ich ging vor die Tür. Mir war nicht klar, ob die Geräusche näher kamen oder sich entfernten. - Wo ist eigentlich mein Handy? Wie könnte man die Tür von innen sichern?

 

Wie schnell wäre die Polizei wohl hier, wenn es brenzlig wird? Sind das die Momente, die den Leuten recht geben, die sagen: Mit Gebeten ist eben kein Frieden zu machen in dieser irren Welt. Andererseits: Wie sähe diese Welt wohl aus, wenn es keinen mehr gäbe, der betet: Herr, mache mich zu einem Werkzeug deines Friedens.

30.03.2015
Pastorin Anja Neu-Illg