Friedensliebe

Wort zum Tage
Friedensliebe
06.08.2016 - 06:23
07.08.2016
Pastor Diederich Lüken

Frieden war in unseren Breiten lange Jahre etwas Selbstverständliches. Zwar wurden immer wieder einmal Sonntagsreden gehalten, in denen die Redner den Wert des Friedens beschworen; aber Redner wie Zuhörer waren davon überzeugt, dass der Krieg in Europa endgültig besiegt war. Es gab zwar noch den kalten Krieg; aber das Vertrauen war groß, dass die Mächtigen es nicht zum Ausbruch eines heißen Krieges kommen lassen würden. Die Balkankriege galten als bedauerlicher Betriebsunfall, den man möglichst rasch wieder vergessen wollte. Das alles hat sich gründlich geändert, seit Terroristen des sogenannten IS ihre Bomben mitten in europäischen Großstädten explodieren lassen. Wir wissen wieder, wie brüchig der Frieden ist und wie kostbar. In manchen Gottesdiensten wird am Ende das Lied Martin Luthers angestimmt: „Verleih uns Frieden gnädiglich, Herr Gott zu unsern Zeiten. Es ist ja doch kein anderer nicht, der für uns könnte streiten, denn du, unser Gott, alleine.“ Lange wurde es nicht mehr mit solcher Inbrunst gesungen wie nach den Anschlägen durch den islamistischen Terror. Viele Menschen sind verunsichert; und so bringen sie ihre Friedenssehnsucht als Gebet vor Gott. Doch muss man sich dabei vor Augen halten, dass ein Krieg kein schicksalhaftes Verhängnis ist, das wie eine Naturkatastrophe über die Menschen kommt, sondern das Werk von Menschen. Das heißt, wenn man Frieden will, muss man die Ursachen der kriegerischen Umtriebe suchen, analysieren und möglichst beseitigen. Damit wird der Sumpf trockengelegt, aus dem heraus die giftigen Blüten des Krieges genährt werden, und (der) Frieden kann wachsen. Das meint auch Elie Wiesel, der wie so viele das Grauen des zweiten Weltkrieges als jüdischer KZ-Häftling erlebt hat. Er sagt: „Frieden ist nicht Gottes Geschenk an seine Geschöpfe; Frieden ist unser Geschenk an einander.“ Dass die Menschen einander den Frieden schenken, ist ein schöner, anregender Gedanke. Bei näherem Zusehen entdeckt man allerdings, dass dieses Geschenk nicht kostenlos zu erwerben und weiterzugeben ist. Zumindest wir im reichen Westen müssen uns fragen, was wir zu den Ursachen des Krieges beigetragen haben. Ist es der aufwändige Lebensstil, den wir uns leisten? Der rücksichtslose Verbrauch von Rohstoffen zum Beispiel in der Rüstungsindustrie? Viele Völker fühlen sich dadurch benachteiligt und ausgeplündert. Ist es ein Wunder, wenn sie sich dagegen wehren? Wenn wir wirklich Frieden schenken wollen, müssen wir Gerechtigkeit schaffen; und das wird uns vielleicht viel kosten. Die Versuchung ist groß, dann doch lieber alles so zu lassen wie es ist und das Geschenk des Friedens lieber zu behalten. Helfe uns Gott, dass das nicht passiert.

07.08.2016
Pastor Diederich Lüken