For future

Wort zum Tage
For future
26.04.2019 - 06:20
28.02.2019
Autorin des Textes: Kathrin Oxen
Sendung zum Nachhören
Sendung zum Nachlesen

Heute vor 33 Jahren wurde ich konfirmiert. Zufällig ging es gleich am nächsten Tag auf Klassenfahrt. Und erst als wir wieder zurück waren, hörten wir in den Nachrichten davon, dass in der Ukraine, in Tschernobyl, ein Atomreaktor explodiert war. Die radioaktive Wolke zog über halb Europa. Salat – lieber erstmal nicht. Und in den Frühlingsregen raus, lieber auch nicht. Wer weiß, was der sonst zum Wachsen bringen könnte.

Ich war 14 Jahre alt und es war Frühling, aber es fühlte sich nicht so an. No future war das Motto der 80er Jahre. Auch in der Kirche übertraf man sich mit pessimistischen Zukunftserwartungen. Der bekannte Theologe Jörg Zink dachte über die „Sieben letzten Tage der Schöpfung“ nach. Nach meiner Einschätzung waren wir damals bei Tag 2: „Am zweiten Tage starben die Fische in den Industriegewässern, die Vögel am Pulver aus der chemischen Fabrik, das den Raupen bestimmt war, die Feldhasen an den Bleiwolken von der Straße, die Schoßhunde an der schönen roten Farbe der Wurst, die Heringe am Öl auf dem Meer und an dem Müll auf dem Grunde des Ozeans. Denn der Müll war aktiv.“

Dieser zutiefst pessimistische Text stand vorne in dem Buch „Die letzten Kinder von Schewenborn“. Darin ging es um die Folgen eines Atomkriegs, mit dem Ergebnis, dass es überhaupt keine Hoffnung mehr gäbe, für niemanden. Später schrieb die Autorin Gudrun Pausewang noch ein weiteres Buch über einen Reaktorunfall, diesmal in Deutschland.

Zu meinem Glück war ich vierzehn und insgesamt viel lebensbejahender als Jörg Zink und Gudrun Pausewang. Und es kam tatsächlich anders: Umweltschutz wurde ein politisches Thema. Atomausstieg auch. Bald werden die letzten Atomkraftwerke in Deutschland abgeschaltet.

Heute sind meine Töchter 14 und älter. Sie sind konfirmiert und demonstrieren mit bei den „Fridays for future“. Sie malen Plakate und werden genauso lächerlich gemacht wie damals diejenigen mit den „Atomkraft? Nein danke“-Aufklebern. Aber sie machen es richtig, finde ich, und besser als die Generationen vor ihnen. Statt von no future auszugehen und sich erst einmal mühsam aus der Depression herauszuarbeiten, gehen sie for future und für das Klima auf die Straße. Viele erstaunlich gut informiert und Hand in Hand mit maßgeblichen Wissenschaftlern. Und vor allem tun sie das lebensbejahend, zuversichtlich und fröhlich. Heute ist übrigens wieder Freitag. For future.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

28.02.2019
Autorin des Textes: Kathrin Oxen