„Liebe einüben!“

Wort zum Tage
„Liebe einüben!“
29.09.2016 - 06:23
28.09.2016
Pastor Sebastian Begaße

Heute möchte ich einmal eine Lanze für die Nächstenliebe brechen, von der Jesus so oft spricht. Und zwar genau für die Momente, wo freundlich sein und lieben schwer fällt.

Ein frommer Schriftgelehrter fragte Jesus einmal dazu: „Wer ist denn mein Nächster, den ich lieben soll?“ Und Jesus erzählt dann das Beispiel vom barmherzigen Samariter - der einzige, der einem zusammengeschlagenen und beraubten Juden hilft, als alle anderen vorbeilaufen.

Ich bleibe an dieser Frage  hängen: „Wer ist denn mein Nächster?“ Denn diese Frage zielt auf eine Begrenzung hin. Anders gefragt: „Sage mir doch, wem ich keine Liebe schuldig bin.“

Die Nächstenliebe kennt aber nach Jesu Gleichnis keine Grenzen. Ich soll dem helfen, dem ich helfen kann. Die Menschen mit ihren Sehnsüchten und Wünschen nach Liebe, Glück, Leben so ernst nehmen, wie ich mich selbst ernst nehme.  Dabei habe ich auch schon oft genug mit meinen direkten Nächsten zu tun: in der Familie, in der Bahn, in der Gemeinde, auf der Autobahn. Die können nämlich auch tierisch nerven.

Der Apostel Paulus hatte auch immer wieder mit anstrengenden Menschen zu tun. Einige christliche Geschwister waren für ihn eine echte Last. Er schreibt:

„Zieht nun an, als die Auserwählten Gottes, als die Heiligen und Geliebten, herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut und Geduld. Ertragt einander und vergebt euch untereinander, wenn jemand Klage hat gegen den andern. Wie Gott euch vergibt,  so vergebt auch ihr!“ (Kol.3,12ff)

„Ertragt einander!“ Jemanden ertragen, das bedeutet eben nicht zu sagen: „Werde endlich so, wie ich Dich haben will, damit ich Dich lieben kann.“ Sondern: Ich akzeptiere, dass du bist, wie du bist. Ich ertrage deine Macke. Nein, die muss ich nicht gut finden! Aber ich höre auf,  an dir rumzuschrauben und rumzumäkeln. Weiß ich eigentlich, wie oft andere mich mit meinen Macken ertragen?

Es geht dabei nicht um ein überschwängliches Liebesgefühl;  manchmal handeln wir sogar gegen unser Gefühl, gegen unsere Meinung. Wir tun das, weil wir wissen, es ist der bessere Weg. Denn Liebe ist nicht nur ein Gefühl. Den Nächsten zu lieben, hat auch mit „lieben wollen“ zu tun. Schön, wenn uns das an manchen Tagen leicht fällt.  Doch für die Situationen, in denen ich die Nächstenliebe nicht so einfach aus dem Ärmel schüttele, brauche ich Übung. Auch Liebe muss eingeübt werden. Wenn ich mich  viel bewege, stärkt das  die Muskeln  - und  ich kriege mehr Kondition. Den nervigen Nächsten also zu lieben, obwohl ich mich dazu überwinden muss – das ist dann so eine Art Herzmuskel-Training.  Ja, am besten, man nimmt es sportlich: Wenn ich was können will, muss ich´s tun!

28.09.2016
Pastor Sebastian Begaße