Liebes komisches Pfingsten

Wort zum Tage
Liebes komisches Pfingsten
13.05.2016 - 06:23
11.01.2016
Ulrike Greim

Sehr geehrtes Pfingsten!

 

Ich bin eine thüringische Protestantin. Ich schreibe ihnen, weil sie irgendwie zu uns gehören sollen – zu allen Christinnen und Christen weltweit. Einmal im Jahr. An diesem Wochenende wieder. Und wir werden wieder ordentlich einkaufen, um für das lange Wochenende auch ausgestattet zu sein. Nichts gegen lange Wochenenden. Aber Sie sind ja nun mal ein christliches Fest, liebes Pfingsten. Ich melde mich, weil ich meinen Unmut darüber mal schriftlich machen muss.

 

Wir Protestanten sind schrecklich vernünftige Leute. Der Verstand ist uns wichtig. Um nicht zu sagen: heilig. Wir lesen die Bibel kritisch. Wir forschen nach, wir hinterfragen, wir hören kluge Worte. Wir versuchen, unser Leben sinnvoll zu gestalten. Nachhaltig, ökologisch, gerecht, freundlich zu jedermann und jederfrau, also: gendergerecht und inklusiv, offen gegenüber anderen Kulturen und Religionen. Wir sind bescheiden und leise, wissbegierig und nachdenklich, Ja, wir strengen uns an. Das Leben verlangt Nüchternheit.

Sie dagegen, verehrtes Pfingsten, kommen recht mühelos daher. Alles blüht üppig, wenn sie stattfinden. Nehmen wir allein die Pfingstrosen. Was für eine Verschwendung! Sie sind absolut nicht bescheiden und auch kein bisschen nachhaltig. Sie protzen ohne Rücksicht auf Verluste. Sie sind nicht rational und kopfgesteuert, sie leben aus dem Bauch. Sie quellen über, sind leidenschaftlich.  Absolut im Hier und Jetzt. Allein, wie sie mit Farben und Düften um sich werfen – das ist mit Verlaub geradezu schamlos. Sie glühen ja richtig!

 

Da muss ich zwei Schritt zurück gehen.

 

Um das einmal ganz klar zu sagen: Sie passen nicht zu uns. Ihr Lebensstil erfüllt nicht unsere Kriterien. Sie passen schon gar nicht in eine unserer Ordnungen. Schon die Details der Pfingstgeschichte, mit den Feuerzungen, die über den Jüngern geschwebt haben sollen. Aber das muss ich nicht weiter erwähnen: Das ist deutlich zu riskant. Und nicht klar zu definieren. Was ist das für eine Kraft? Sie sind ja wie der Wind – einfach nicht zu fassen. Intuitiv. Jesus hat seine Leute irgendwie angeblasen. Und nun haben wir ihn an der Backe – den Atem, Ruach, den Wind, den Sturm, den heiligen Geist. Wenn wir das alles bei uns zulassen würden – oh Himmel – das würde alles durcheinander bringen. Wir bräuchten Monate, um wieder zu ordnen, was sie umeinander wirbeln.

Mein Vorschlag: Wir bleiben nette Bekannte, liebes Pfingsten. Wir versprechen, ihnen stets höflich uns mit respektvollem Abstand zu begegnen. Wir schauen auch mal auf der Feier vorbei, bleiben aber nur kurz zum Kaffee. Wir wollen doch im Rahmen bleiben. Ich hoffe, sie haben Verständnis.

 

Hochachtungsvoll, Ihre UG

11.01.2016
Ulrike Greim