Morgenritual

Wort zum Tage
Morgenritual
31.07.2017 - 06:20
31.07.2017
Pfarrer Florian Ihsen

Die erste Zeit am Tag gehört mir. Gleich nach dem Aufstehen nehme ich mir eine Tasse Kaffee lang Zeit für mich. Die beste Zeit ist in jedem Fall vor acht Uhr. Der beste Ort ist ein Ostfenster in meiner Wohnung. Ich kann den Himmel von dort aus gut sehen. Und manchmal auch das Aufgehen der Sonne. Ich zünde mir für diese erste Zeit am Tag eine Kerze an. Und dann lass ich mich beschenken. Von einem Psalm oder einem Lied, das ich singe oder lese. Von einem guten Gedanken aus einem Lebensbegleiter. Oder es ist etwas anderes. Manchmal ist es einfach gut, einen Moment lang sich auf die Stille, auf den eigenen Atem zu konzentrieren. Oder im Sommer einen Moment bewusst bei offenem Fenster zu lauschen, wie morgens um 6 die Stadt langsam erwacht. Natürlich sind Radio und Handy noch aus.

 

Dann gehe ich in die Küche und hol mir noch etwas Kaffee. Und dann schalt ich das Radio und mein Handy ein. Je nach Uhrzeit gibt es ja da auch Andachten, sogar gesungene Stundengebete aus Klostergemeinschaften. Ich finde das wunderbar. Wenn es mir die Zeit erlaubt, hör ich da noch kurz rein.

 

Mir fehlt etwas, wenn ich meinen Tag nicht mit etwas Zeit für mich beginnen kann.

 

Martin Luther wusste um den Wert von Ritualen am Morgen und am Abend. Als Mönch hat er täglich früh am Morgen Psalmen gesungen. Später empfiehlt Luther sich selbst und anderen dieses Ritual, seinen Morgensegen:

„Des Morgens, wenn du aufstehst, kannst du dich segnen mit dem Zeichen des heiligen Kreuzes und sagen: das walte Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist. Darauf kniend oder stehend das Glaubensbekenntnis. Willst du, so kannst du dies Gebet dazu sprechen. Ich danke dir, mein himmlischer Vater... und bitte dich, du wollest mich diesen Tag auch behüten... ich befehle mich, meinen Leib und Seele in deine Hände...“

 

Luther wusste, dass wir Menschen Rituale brauchen, auch leibliche. Bewusst Stehen, Knien, ein Kreuzzeichen machen zum Beispiel. Das Ritual muss aber auch zu mir passen. Es könnte auch ein Spaziergang mit dem Hund oder eine Runde Joggen sein, oder etwas Anderes. Hauptsache, der Leib bekommt das Ritual.

 

Und natürlich gehören Worte und Gedanken zum Morgenritual: Ein Gebet, oder ein Lied, wie Luther empfiehlt. „Alsdann mit Freuden ans Werk gegangen!“

 

Jedenfalls bewusst und möglichst mit Zuversicht. Nun wünsche ich Ihnen einen guten Tag. Und bleiben Sie behütet diese Woche!

31.07.2017
Pfarrer Florian Ihsen