Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit

Wort zum Tage
Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit
26.02.2020 - 06:20
03.01.2020
Jörg Machel
Sendung zum Nachhören
Sendung zum Nachlesen

Schluss mit lustig - so das Motto des Aschermittwoch. Der Priester zeichnet den Jecken, die gestern noch tanzend durch die Straßen zogen, ein Aschekreuz auf die Stirn. „Bedenket, dass ihr sterben müsst“, das ist die Botschaft. Mit dem Aschermittwoch beginnt die Passionszeit.

Ich habe für heute Abend ein paar Freunde eingeladen und wir schauen uns der Film „Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit“ an. Darin sehen wir einem Kollegen bei der Arbeit zu. Keinen Pfarrer zwar, aber einem Stadtangestellten, der die Angelegenheiten allein verstorbener Menschen zu regeln hat und sie auf ihrem letzten Weg auf den Friedhof begleitet. Keine ausgesprochen freudvolle Aufgabe. Im Film dominiert das eintönige Grau englischer Vorstädte. Und doch ist er voller Wärme, voller Liebe zu den Menschen und zum Detail. Mr. May ist ein Einzelgänger, er hat einen Job mit einem unansehnlichen Büroplatz und er hat ein Zuhause, das auch nur wenig heimeliger anmutet.

Seine Menschlichkeit begegnet einem in der Art und Weise wie er seinen Beruf ausübt. Er tritt mit seinen verstorbenen Klienten in Beziehung. Er erforscht ihre Lebenszusammenhänge, so weit das möglich ist: Was war sein Job? Gibt es Angehörige, die er befragen kann? Wen müsste man zur Bestattung einladen? Welche Wünsche mag es für die Art der Beisetzung geben? Und dann setzt Mr. May alles in Bewegung, um die Beerdigung angemessen zu gestalten.

Wie unzeitgemäß ein so aufwändiges Verständnis dieser Aufgabe ist, wird Mr. May durch seinen jungen dynamischen Chef klar gemacht, in wenigen Sätzen. Seine Abteilung wird geschlossen. In Zukunft werden die Toten kostengünstig „entsorgt“, denen kann es egal sein und da niemand nach ihnen fragt, scheint auch unter den Lebenden kein besonderes Interesse an dem von Mr. May betriebenen Aufwand zu bestehen.

Noch die Bearbeitung eines letzten Falles billigt man ihm zu und dabei dürfen wir Zuschauer ihn begleiten. Wir erfahren von Billy Stoke und seinen zerrütteten Familienverhältnissen, lernen ehemalige Arbeitskollegen kennen. Die Saufkumpane, mit denen er sich am Ende umgab, erzählen von seinem Absturz. Durch die Recherche ordnen sich seine Verhältnisse ein wenig. Am Ende wird Mr. May selbst nicht an der Bestattung teilnehmen, aber Familie und Freunde säumen das Grab von Billy Stoke.

Was aus Mr. May wird, das will ich hier nicht verraten, vielleicht hört ja einer von meinen eingeladenen Gästen gerade zu und ein bisschen Spannung gehört selbst in diesen bedächtigen Film.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

03.01.2020
Jörg Machel