Rebe am Weinstock

Wort zum Tage
Rebe am Weinstock
28.05.2016 - 06:23
11.01.2016
Pastor Dietrich Heyde

Der Schriftsteller Johann Wilhelm Kinau, bekannt unter dem Namen Gorch Fock, starb am 31. Mai vor hundert Jahren in der Seeschlacht am Skagerrak. Kurz vor seinem Tod schrieb er an seine Frau: „Wenn du hören solltest, dass unser Schiff versunken und niemand gerettet sei, dann weine nicht. Das Meer, in das mein Leib versinkt, ist auch nur die hohle Hand meines Heilandes, aus der mich nichts reißen kann.“ Wie kommt jemand dazu, so zu sprechen, so gelassen und vertrauensvoll?

 

In den Abschiedsreden Jesu, die der Evangelist Johannes überliefert, fand ich eine Erklärung. Jesus sagt da: Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. (Johannes 15,5) Das Bild ist klar: Eine Rebe ist ein Gewächs am Weinstock und untrennbar mit ihm verbunden. Nur so kann eine Rebe leben und Frucht bringen. Nichts aber ist und vermag sie ohne den Weinstock. Nun hat es Gott, dem Weingärtner und Dritten im Bund neben Weinstock und Reben, gefallen, den Weinstock so groß zu machen, dass er Meere und Kontinente umfasst, ja, Himmel und Erde erfüllt. So gesehen ist auch das Meer, in das ein Mensch versinkt, nur „die hohle Hand des Heilandes, aus der ihn nichts reißen kann“, wie Gorch Fock sagt. Das ist lebendiger Glaube eines Christen: Leben in der Beziehung mit Jesus. Eine Beziehung, von der ihn nichts trennen kann, nicht Hohes noch Tiefes, weder Leben noch Tod.

 

Jesus hat dann mit dem Bild von Weinstock und Rebe noch die Zusage verbunden: „Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht.“ Der Weingärtner möchte, dass an seinem Weinstock viele neue Triebe entstehen. Triebe, die aus der saftreichen Wurzel des Weinstocks hervorgehen wie Freude und Vertrauen, Frieden und Gerechtigkeit, Lob und Dank. Doch können wir Menschen, wie wir wissen, auch von vielerlei anderem getrieben werden: Von Bildern, die nicht sammeln, sondern zerstreuen. Von Geld und Wohlstand, von Ärger, falschem Ehrgeiz und Empfindlichkeiten bis hin zu Missgunst und Verbitterung. Lauter Dinge, die nichts Gutes in uns reifen lassen.

 Darum dürfen wir froh sein, wenn die unnützen Triebe weg geschnitten werden. Das ist oft ein schmerzhafter Vorgang. Ich glaube, Gott arbeitet an uns. Wenn Er zurückschneidet, dann nur um der Früchte willen, damit wir ein reifes Leben erlangen und etwas ausstrahlen von der Kraft des Weinstocks.

11.01.2016
Pastor Dietrich Heyde