Regretting motherhood

Wort zum Tage
Regretting motherhood
04.02.2016 - 06:23
11.01.2016
Pfarrerin Kathrin Oxen

„Wenn Sie die Zeit zurückdrehen könnten, mit Ihrem heutigen Wissen und Ihrer Erfahrung, würden Sie dann nochmal Mutter werden?“ Nur Frauen, die die diese Frage ausdrücklich mit „Nein“ beantwortet haben, konnten an der Studie der israelischen Soziologin Orna Donath teilnehmen. Die Ergebnisse wurden im vergangenen Jahr veröffentlicht, passenderweise kurz vor dem Muttertag. Regretting motherhood ist der Titel dieser Studie, auf Deutsch etwas holpriger „Bedauern der Mutterschaft“. Die befragten Frauen geben darin offen zu, dass sie mit ihrer Mutterrolle unglücklich sind und im Rückblick besser auf Kinder verzichtet hätten.

 

Darf man so etwas sagen? Die Wogen in der Diskussion schlugen hoch. Alle bekannten Zerrbilder von Rabenmutter bis Superglucke wurden wieder hervorgeholt. Was ist mehr wert? Die Möglichkeit, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, ohne all die Einschränkungen, die nun einmal mit Kindern verbunden sind? Oder gibt es wirkliches Glück nur mit Kindern?

 

Orna Donath hat nur 23 Frauen befragen können. Ich denke mir, dass es nicht leicht gewesen ist, das verlangte klare „Nein“ zur Mutterschaft als Antwort zu bekommen. Die überwältigende Mehrzahl der Mütter hat bestimmt so geantwortet, wie ich es auch tun würde. Dass ich es grundsätzlich natürlich nicht bereue – aber vorher auch nicht wusste, was es wirklich bedeutet, eine Mutter zu sein. Dass zum Beispiel Zeit für mich selbst seit vielen Jahren ein kostbares Gut ist. Ja, manchmal bin ich unglücklich darüber. Und manchmal denke ich mir, dass ich ohne Kinder vielleicht auch unglücklich wäre, nur eben anders.

 

In der Jahreslosung für dieses Jahr wird Gott mit einer Mutter verglichen. „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet“, heißt es im Buch des Propheten Jesaja. Die mütterlichen Seiten Gottes werden im ganzen Alten Testament immer wieder beschrieben. Bilder für Gott, die in der christlichen Tradition eher unbekannt geblieben sind.

 

Noch unbekannter ist, dass es so etwas Ähnliches wie regretting motherhood auch in der Bibel gibt. „Ich lehrte Israel gehen und nahm ihn auf meine Arme, aber sie merkten‘s nicht, wie ich ihnen half.“ (Hosea 11,3). So beschwert sich Gott über sein Volk, für das er wie Vater und Mutter zugleich ist. Oft sind sie eine große Belastung. Und sie entwickeln sich auch nicht so, wie er es sich vorgestellt hat. Aber ein klares Nein zu ihnen, das kann Gott, die Mutter eben auch nicht sagen. „Mein Herz ist andern Sinnes, alle meine Barmherzigkeit ist entbrannt“, sagt er, sagt sie und wendet sich Israel wieder in Liebe zu. So wie den allermeisten Müttern geht es Gott eben auch.

11.01.2016
Pfarrerin Kathrin Oxen