Segen per Post

Wort zum Tage
Segen per Post
06.01.2017 - 06:23
29.12.2016
Pfarrerin Kathrin Oxen

„Schickst du mir wieder einen? Oder nein, lieber zwei!“ Niemand außer meiner Freundin weiß, was ich meine. Seit wir nicht mehr in der gleichen Stadt wohnen, schickt sie mir jedes Jahr zwei schmale schwarze Aufkleber. Wie mit Kreide geschrieben steht „CMB 2017“ darauf.

Es ist der Segen, den die Sternsinger in jedem Jahr in die Häuser bringen. Normalerweise schreiben sie ihn mit Kreide über die Tür des Hauses. „CMB“, das kann man als Abkürzung für die Namen der Heiligen Drei Könige, Caspar, Melchior und Balthasar lesen. Oder als Abkürzung für den Segenswunsch „Christus mansionem benedicat“, „Christus segne dieses Haus“.

Zwischen Weihnachten und dem 6. Januar, dem Dreikönigstag, ziehen besonders in katholischen Gegenden die Sternsinger durch die Dörfer und Städte. Kinder in schönen Gewändern geben diesen Segen weiter. Sie sammeln dabei Spenden für Kinder in Not. Heute Abend werden die königlichen Kinder wieder in den Nachrichten mit unserer Bundeskanzlerin zu sehen sein. Denn auch das Bundeskanzleramt bekommt in jedem Jahr so einen Segen. In der Stadt, in der ich früher gewohnt habe, spielte es übrigens gar keine Rolle mehr, dass das Sternsingen „eigentlich“ eine katholische Tradition ist. Alle christlichen Kinder verkleideten sich, übten die Lieder und brachten den Segen in die Häuser.

Ich muss mir den Segen jetzt schicken lassen, denn in unser Dorf kommen leider keine Sternsinger. Aber ich klebe den schmalen schwarzen Aufkleber sorgfältig oben über unsere Haustür. Auch an der Tür zu meinem Büro klebt einer. Ein Segen für alle, die in diesem neuen Jahr durch diese Türen hinein- oder hinausgehen. Für meine Kinder, die an diesen dunklen Wintertagen so furchtbar früh zum Bus müssen. Ein Segen für mich, die ich eilig zur Arbeit gehe und nachmittags wieder mit Kindern und Einkäufen nach Hause komme. Ein Segen für meine Kolleginnen und Kollegen im Büro.

Nach ein paar Tagen sehe ich den Aufkleber meistens gar nicht mehr. Aber er ist immer da, das ganze Jahr hindurch. Manchmal blicke ich hoch und sehe ihn über mir. Dann denke ich an meine Freundin, die ihn mir so treu in jedem Jahr schickt. Sie ist übrigens katholisch.

Und ich glaube, wir beide warten darauf, dass es keine große Rolle mehr spielt, welcher Konfession wir als Christen angehören. Denn es ist der gleiche Segen, den wir uns über unserem Leben wünschen, in unseren Häusern und an unserem Arbeitsplatz, für unsere Kinder und für uns selbst. Der Segen Gottes ist zu uns gekommen mit Jesus Christus, diesem königlichen Kind, vor dem die Weisen und die Könige niederknien mussten. Er steht über jeden Tag in diesem Jahr.

29.12.2016
Pfarrerin Kathrin Oxen