Sommerimpressionen

Wort zum Tage
Sommerimpressionen
Madonna
01.09.2018 - 06:20
20.06.2018
Barbara Manterfeld-Wormit
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Unser Urlaub geht zu Ende. Es war für jeden etwas dabei. Alle sind zufrieden und freuen sich auf Zuhause. Nun sind wir auf der Rückfahrt mit dem Auto. Es ist Zeit für eine Mittagspause. Gleich hier am Ort liegt ein Gasthof, den wir ansteuern. Da fällt mein Blick auf das nächste Ortsschild: Altötting – 20 Kilometer! Nur 20 Kilometer – ein Katzensprung, denke ich und mir fällt ein, dass ich die „Schwarze Madonna“, die dort laut Wikipedia in einer Kapelle als „Nationalheiligtum Bayerns“ verehrt wird, längst schon einmal sehen wollte. Noch 20 Kilometer!?! empören sich unsere Kinder auf dem Rücksitz. Und: Nicht schon wieder eine Kirche! Ich muss nachlegen: Da könnt ihr die schwarze Madonna sehen! Der Satz hat eine erstaunliche Wirkung: Madonna? ruft die 13jährige vom Rücksitz und reißt sich vor Begeisterung sogar die Kopfhörer aus den Ohren. Madonna hautnah – und das hier mitten in Bayern?! Warum eigentlich nicht? – Die Pop Ikone ist vor wenigen Tagen 60 geworden. Viele Dinge sieht man mit zunehmendem Alter ja anders, vielleicht auch den eigenen Auftritt in Los Angeles 2006, als die Pop-Diva sich bei einem Konzert mit einer Dornenkrone an ein Kreuz hängen ließ, um wenig später wieder singend davon herab zu steigen. Viele gläubige Christen hat dieser Auftritt damals empört. Um es kurz zu machen: Madonna war nicht in Altötting. Aber nachdem meine Tochter die erste Enttäuschung überwunden hatte, ist sie mir doch neugierig in die Kapelle zur Schwarzen Madonna gefolgt. Was sie hat schwarz werden lassen, weiß man nicht so genau. Jedenfalls war mein Kind beeindruckt von den vielen Menschen, die sich da auf engem Raum vor der schwarzen Mutter Gottes mit dem Kind in goldenem Gewand geduldig in der Schlange drängten. Auch viele Jugendliche waren darunter. Als wir aus der Kapelle kamen, blieb meine Tochter noch stehen, um die kleinen Kärtchen und Bildtafeln zu lesen, auf denen Menschen ihren Dank zum Ausdruck gebracht haben, weil ihnen die Mutter Gottes geholfen hatte: in schwerer Krankheit, bei Sturm und Gewitter, in einer Ehekrise oder bei einer Prüfung. Danach landeten wir endlich im Gasthaus bei gebratenem Hähnchen, Pommes Frites und Salat. Was das da draußen wohl war?, fragt meine Tochter nachdenklich. Vielleicht hat ja auch einfach nur der Glaube geholfen? Einfach wohl kaum, denke ich – und bin Madonna dankbar für dieses Gespräch mit einer 13jährigen Protestantin aus Berlin über Gott und die Welt mitten im katholischen Altötting.

Es gilt das gesprochene Wort.

20.06.2018
Barbara Manterfeld-Wormit