Verzeihen macht alles leichter

Wort zum Tage
Verzeihen macht alles leichter
mit Michael Becker
26.08.2021 - 06:20
19.08.2021
Michael Becker
Sendung zum Nachhören
Feedback zur Sendung? Hier geht's zur Umfrage! 
Sendung zum Nachlesen

Man brauchte schon viele Taschentücher; heute vor fünfzig Jahren. Da kam ein Film ins Kino, der direkt ins Herz ging: „Love Story“ hieß er, wie schon der Roman. Die Geschichte ist einfach: Junger, reicher Student verliebt sich in arme Studentin. Heimlich heiraten sie. Seine reichen Eltern schauen grimmig. Dann wird sie krank. Und stirbt. Dazu ergreifende Musik. Das hören und sehen viele nicht ohne Tränen. Auch die Eltern des jungen Mannes sind zuletzt versöhnt. Und hören dann noch den berühmten Satz: „Liebe bedeutet, niemals um Verzeihung bitten zu müssen.“

 

Ja, das klingt schön. Und geht zu Herzen. Es stimmt aber nicht. Liebe bedeutet, niemals um Verzeihung bitten zu müssen - das ist einfach nicht wahr, im Gegenteil. Liebe ist, wenn man verzeihen kann. Wenn man anderen ihre Fehler nachsehen kann - sich selber womöglich auch - oder andere um Verzeihung bitten kann. Das haben alle nötig, die lieben; die anderen auch. Jeder Tag kann voller Fehler stecken: ein unbedachtes Wort; eine schräge Handlung, die anderen wehtut; ein Versäumnis oder ein Vergessen. Was gibt es nicht alles, womit man andere verletzen kann. Das konnte man sich vorher nicht ausdenken. Menschen sind so verletzbar. Und Liebende erst. Manche legen jedes Wort auf die Goldwaage.

 

Dann tut Verzeihen nur gut. Wohl denen, die verzeihen können. Ertragt einander, bittet der Apostel Paulus (Kol. 3,13), und vergebt euch untereinander. Er weiß, wovon er spricht, obwohl er nie in einer Beziehung lebte. Muss man auch nicht, um zu wissen: Verzeihen macht alles leichter. Ich meine jetzt nicht das Vergessen, wohlgemerkt. Das kann man oft nicht. Aber Verzeihen - also darauf zu hoffen: Der Fehler oder die Schuld sollen nicht mehr zwischen uns stehen, nichts mehr blockieren. Wir reden nicht mehr darüber und tragen es einander nicht nach.

 

Das ist es: wir tragen es einander nicht nach. Wir rechnen nicht jahrelang auf und sagen: Du hast aber damals … Verzeihen befreit vom Aufrechnen, vom Nachtragen,  darum macht es uns leichter. Wir sehen einander unbeschwerter an. Herrlich ist das. Das Herz wird weit. Und das Leben schmeckt wieder.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

19.08.2021
Michael Becker