Wer glaubt, hält für möglich

Wort zum Tage
Wer glaubt, hält für möglich
15.04.2016 - 06:23
11.01.2016
Pfarrer Michael Becker

Der Pfarrer lacht. Das kommt nicht oft vor. Meist schweigt er. Er sieht aus wie ein Bär. Sitzt und wartet auf den Winterschlaf. Heute nicht. Da lacht er. Es ist wieder Männerkreis. Der Schlossherr hat geladen. Eine Zeit, als man noch in Herrenzimmern sitzt, tüchtig trinkt, Zigarren raucht und über Gott und die Welt redet. Ob die Bibel wörtlich zu verstehen sei, ist plötzlich das Thema. Und welchen Sinn es hat, sie wörtlich zu nehmen oder nicht. Meinungen gehen hin und her. Auf einmal lacht der Pfarrer. Die anderen schrecken auf. Es kommt nicht oft vor, dass der Bär lacht. Jetzt schon. Er kennt eine Geschichte. Die erzählt er. Natürlich soll man die Bibel wörtlich nehmen. Ich war einmal am Meer, sagt er, vor Jahren. Da habe ich meinen Kopf in den Händen vergraben. Und dann gebetet, dass der kleine Berg vor mir sich ins Meer stürzt. Wie der Herr Jesus gesagt hat (Neues Testament, Matthäusevangelium Kapitel 21, Vers 21). Man soll so beten, dass der Berg sich ins Meer stürzt; dann geschieht es. Mit diesem maßlosen Vertrauen. Ich hab’s getan. sagt der alte Pfarrer. Und gebetet und gebetet, wie der Herr Jesus gesagt hat. Mit ganzer Kraft, den Kopf in den Händen vergraben. Und dann, nach einer Weile, hebe ich meinen Kopf wieder, schaue hin - und sehe, dass der Berg noch da ist. Sieh mal an, denke ich da, sieh mal an, der Berg ist zurückgekommen. Der alte Pfarrer lacht. Jetzt mit Tränen in den Augen.

 

Herrlich, so ein Glaube. Glaube ist für möglich halten. Alles. Auch das Unvorstellbare. Wenn der Berg noch da steht, war er eben zwischendurch weg. So sind sie, die an Gott glauben, auf ihn hoffen. Unerschütterlich. Sie setzen nicht auf ihre Wünsche, sondern auf seine Kraft. Sie sehen nicht nur einen Schritt weiter, sondern viele; achten nicht nur auf diesen Tag, sondern auf Wochen und Monate. Und wissen sich behütet, allezeit. Wer glaubt, hält für möglich. Nicht nur, dass Berge ins Meer stürzen. Noch viel mehr. Dass Kranke heiter bleiben und Verwirrte getröstet werden; dass alle Schuld einmal gesühnt wird und der Himmel auf uns wartet. Wer glaubt, kennt mehr als diesen Tag. Und weiß, was heute auch möglich ist. Maßloses Vertrauen. Dass alles gut wird.

11.01.2016
Pfarrer Michael Becker