Wie ein Baum an Wasserbächen

Wort zum Tage
Wie ein Baum an Wasserbächen
14.09.2016 - 06:23
07.09.2016
Pfarrerin Angelika Scholte-Reh

Ein stattlicher Baum, eine Eiche, vor langer Zeit von einem Menschen an den Bach gepflanzt, an dem der Fahrradweg zum Nachbardorf entlangführt. Ihr Stamm ist so dick, dass ich bei dem Versuch ihn zu umfassen den Stamm kaum zu einem Drittel umgreifen kann. Ich spüre die raue Rinde, rieche den herben Eichengeruch und bestaune die dicken Wurzeln, von denen ich weiß, dass sie so tief und weit in die Erde reichen, wie der Stamm sich dem Himmel entgegen streckt. Einen Moment lehne ich mich an den Stamm und blicke hinauf. Breit ist die Krone und dicht. Ich kann förmlich spüren, wie sich die Äste und Blätter weit strecken, um Licht und Sonne, Regen und Wind aufzunehmen. Im Herbst wird wieder der ganze Weg voller Eicheln liegen, über die sich dann nachts die Wildschweine freuen. Hier, am Bach, ist ein guter Platz für einen Baum, genügend Wasser und die Nährstoffe des Bodens geben ihm Kraft.

 

„Glücklich ist der Mensch, der einem Baum gleicht, der am Wasser gepflanzt ist. Seine Früchte trägt er zu seiner Zeit und seine Blätter welken nicht. Alles, was er tut, gelingt ihm gut.“ (Psalm 1,1+3) heißt es in der Bibel. Und der 1. Psalm vergleicht den guten Platz zum Wachsen und Gedeihen mit einer Lebenshaltung: „Glücklich ist der Mensch, der in dieser Weise lebt: Er folgt nicht dem Vorbild der Frevler und er betritt nicht den Weg der Sünder. Mit Leuten, die über andere lästern, setzt er sich nicht an einen Tisch. Vielmehr macht es ihm Freude, in der Heiligen Schrift zu lesen. Tag und Nacht denkt er darüber nach und sagt Gottes Wort laut vor sich hin.“

 

Was für ein Mensch ist das, der glücklich und zufrieden ist? Was für ein Mensch wäre mit meiner stattlichen Eiche am Fahrradweg zu vergleichen? Der Psalm beschreibt einen Menschen mit Prinzipien. Ich stelle mir vor, ein solcher Mensch bemüht sich, nicht auf Kosten anderer zu leben. Fragt danach, was sein Handeln mit dem oder der anderen macht. So jemand behandelt seine Mitmenschen mit Respekt.

 

Wenn ich ein Baum wäre, an welchem Bach würde ich gerne wurzeln? Das Bild des Psalms ist klar und verheißungsvoll: Der Bach, der meine Wurzeln mit dem Lebenswichtigen versorgt, mir Orientierung für mein Leben gibt, mich ermutigt, achtungsvoll mit anderen umzugehen und wertschätzend über andere zu reden, der mir Halt gibt und mich wissen lässt, dass Gott für mich da ist und mit mir geht, dieser Bach ist Gottes Wort, die Bibel. Unerschöpflich. Mir geht das so, dass ich bei meinem Lesen in der Bibel, beim Nachdenken und Diskutieren darüber mit anderen spüre, wie meine Seele genährt wird. Gottes Wort gibt mir Kraft, für jeden Tag. Und wann immer ich kann gebe ich gerne davon ab. Wie ein Baum, der seine Früchte trägt zu seiner Zeit.

07.09.2016
Pfarrerin Angelika Scholte-Reh