Wie geht das?

Wort zum Tage
Wie geht das?
24.11.2017 - 06:20
01.11.2017
Pfarrerin Angelika Scholte-Reh
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Ich komme zu einem Beerdigungsgespräch. Anders als sonst erwarten mich nicht nur einige ernst blickende Erwachsene. Auf dem Sofa sitzt eine kleine Kinderschar. Ihre Mutter hatte sie an mich verwiesen. „Das könnt Ihr die Pastorin fragen, die kommt gleich!“ Da bin ich nun also und die Kinder kommen ohne große Umschweife zur Sache: „Wie ist Tante Hilde in den Himmel gekommen?“ Vier interessierte Gesichter sehen mich an.

 

Ich setze mich und frage erst mal nach. Der achtjährige Marc erklärt es mir: „Tante Hilde ist doch im Himmel. Das hat Mama gesagt. Ich will gerne wissen, wie das geht!“

 

„Ihr wisst doch, dass Eure Tante sehr alt war?“ Die Kinder nicken. „Und krank war sie auch.“ „Ja.“ Jetzt mischt sich die sechsjährige Anna ein. „An manchen Tagen hat ihr der Rücken ganz weh getan. Und zum Laufen brauchte Tante Hilde immer ihre Krücken.“ Da knüpfe ich an. „Unser Körper ist das Zuhause für unsere Seele.“ sage ich und lege meine rechte Hand auf die linke Brust. „Spür mal! Da klopft Dein Herz!“ Die Kinder folgen meinem Beispiel. „Kannst Du es spüren?“ Es ist ganz still. Sie nicken. „Solange unser Herz schlägt, wohnt unsere Seele in unserem Körper.“

 

Marc fragt nach: „Wie sieht die Seele aus?“ Ich zitiere aus der jüdischen Kabbala: „Manche Menschen sagen, sie sieht aus wie ein Vogel, mit Flügeln und einem leuchtenden Körper, der ganz tief in uns wohnt und uns lebendig macht. Und wenn wir fröhlich sind und lachen, dann leuchtet der Lichtball auf. Und wenn wir traurig sind, dann strahlt er ganz warm, um uns zu trösten.“

Anna sieht mich ganz andächtig an. „Wie kommt der in uns hinein?“ „Wenn wir im Bauch unserer Mütter entstehen, bevor wir geboren werden, gibt Gott uns eine Seele. So werden wir lebendig. Gott lächelt dann und freut sich, dass da gerade ein Kind in die Welt kommt. Solange unser Herz schlägt, wohnt auch unsere Seele in unserem Körper.“ Sie nicken. „Und wenn dann unser Körper zu schwach oder zu krank ist, dann kehrt die Seele zurück zu Gott. Wir sagen dann: Sie ist jetzt im Himmel, weil es bei Gott himmlisch gut ist.“ Marc ist noch nicht zufrieden. „Wie macht die Seele das?“ „Die Menschen, die sich die Seele wie einen Vogel vorstellen, sagen, sie breitet ihre Flügel aus und fliegt heim zu Gott. Und da geht es ihr gut. Da ist Tante Hildes Seele jetzt. Euch fehlt sie natürlich und darum seid ihr traurig.“ Marc nickt. Okay. So können wir das stehen lassen.

 

Am Samstag darauf haben wir Tante Hilde beerdigt. Marc und Anna waren mit dabei und haben Tante Hilde Bilder mit in ihre Grab gelegt, auf denen sie ihre Seelenvögel aufgemalt hatten – so wie sie sich die vorstellen.

 

01.11.2017
Pfarrerin Angelika Scholte-Reh