Wie wertvoll das Selbstverständliche ist!

Wort zum Tage
Wie wertvoll das Selbstverständliche ist!
25.10.2019 - 06:20
29.08.2019
Eberhard Hadem
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Wasser braucht täglich Schutz. In einer Welt, die wir Menschen täglich verschmutzen, ist es elementar wichtig, Wasser zu reinigen. Einer meiner Freunde ist Betriebsleiter und stellvertretender Geschäftsführer eines Abwasserverbandes. Im Gespräch mit ihm wird mir noch einmal deutlich: Wasser ist Allgemeingut. Keiner darf allein darüber verfügen. Was immer jemand mit Wasser macht – es gibt dazu genaue Vorschriften im Wassergesetz; auch zu den Grenzwerten, wie hoch Wasser belastet sein darf. Das Ziel ist, für eine möglichst hohe Wasserqualität und damit Lebensqualität der Menschen zu sorgen.

Das war nicht immer so. In München im 19. Jahrhundert zum Beispiel will sicher niemand so richtig gerne gelebt haben. Die Stadt gleicht einer öffentlichen Latrine. Überall wird Gülle gelagert oder entsorgt, die Menschen leiden unter Typhus und Cholera. Es gibt es kein fließendes Trinkwasser, Abfall und Abwasser werden auf die Straße geschüttet, Fäkalien werden an großen Plätzen gesammelt und von den Bauern der Umgebung auf deren Felder transportiert. Der Gestank und der Dreck in den Straßen stehen im krassen Kontrast zu den schönen und teuren Gebäuden. Erst der Chemiker Max von Pettenkofer ändert das und führt gegen viele Widerstände die Kanalisierung der Abwässer und eine richtige Trinkwasserversorgung ein. Schritt für Schritt wird aus einem stinkenden Moloch eine hygienische Metropole.

Mein Freund vom Abwasserverband sagt: Wir sorgen dafür, dass die Leute gar nicht erst krank werden. Das bedeutet letztlich auch: Ohne Abwasserreinigung funktioniert keine Demokratie! Ich höre den Stolz in seiner Stimme, als er das sagt. Das wertvolle, frische Wasser ist bereits da!

Umso erstaunlicher, wie wenig es geschätzt wird. Manche geben im Restaurant teures Geld für ein Luxuswasser aus. Dagegen zahlen alle Bürgerinnen und Bürger in der Region Nürnberg zum Beispiel nur 2 Cent für 500 Liter frisches Leitungswasser. Mein Freund vom Abwasserverband verzweifelt da manchmal an der Geringschätzung. Damit befindet er sich in guter Gesellschaft. Beim Propheten Jeremia (17,13) ist eine ähnliche Klage zu hören. Da verzweifelt Gott an den Menschen: Mich, die Quelle lebendigen Wassers, verlassen sie.

Dass ein Abwasseringenieur diese Botschaft für mich noch einmal ganz anders, frisch und neu werden lassen kann, ist dann gar nicht überraschend. Wie wertvoll das Selbstverständliche ist! Ich hoffe, ich denke daran, wenn das nächste Mal die Abwassergebühren erhöht werden.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

Zu den Kosten für Leitungswasser siehe Grafik in: Nürnberger Nachrichten vom Freitag 16. August 2019, Seite 19

29.08.2019
Eberhard Hadem