Wiederentdecken

Wort zum Tage
Wiederentdecken
11.03.2021 - 06:20
04.03.2021
Sabrina Fabian
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Manche Menschen sind wie ein Sommerhit. 
Mit denen knüpft man nahtlos an. Selbst, wenn man sie monatelang nicht gesehen hat. Die Zeit hat keine Kluft hinterlassen. Das gemeinsame Gefühl ist sofort wieder da. Das ist dann wie bei einem Song, den man einen Sommer lang rauf und runter gehört hat. Wenn man des-sen ersten Akkorde hört, bewegen sich die restlichen Töne so flüssig durch die Adern, als hät-ten sie sich da nur verborgen gehalten. 
Wie von selbst hat man sofort die Liedzeilen auf den Lippen. Und bei den Sommerhit-Menschen bringt die erste Umarmung gleich Erinnerungen zurück. Meine Freundin Inge ist so ein Sommerhit für mich.  Schon die ersten Begrüßungsworte setzen wieder unsere Ich-kenne-dich-so-gut-Stimmung in Bewegung. Dann ist gleich wieder ganz viel da: wie wir uns mit un-serem dürftigen Spanisch durch Kolumbien geschlagen haben, die Hin- und Hergerissenheit zwischen Freude und Abschiedsschmerz über das Jobangebot in der weit entfernten Stadt. 
Das funktioniert mit Menschen, die uns wichtig sind und zu denen wir eine ganz besondere Verbindung haben: zu denen verlernt man den Zugang nicht.
Von so einer untrennbaren Verbindung erzählt auch eine Geschichte des Volkes Israel aus den Makkabäerbüchern (2.Makk 1,19-22), - zumindest auf den zweiten Blick. Die Perser hatten Jerusalem eingenommen und wollten die Priester ins Exil schicken. Doch vorher konnten die Priester das Feuer des Tempelaltars noch verstecken, das Feuer, das ihre lebendige Beziehung zu Gott zeigte. Als sich die Herrschaftsverhältnisse gewandelt haben und eben diese Priester an den Tempel zurückkehren können, finden sie in ihrem Versteck allerdings kein Feuer mehr vor. Nur eine Art dickflüssiges Wasser ist übriggeblieben. Doch sobald sie die Flüssigkeit auf sonnenbeschienenes Holz gießen, entzündet es sich erneut und ein loderndes Feuer entflammt. 
Die Flamme ist verborgen gewesen, ist aber noch nicht ganz erloschen. Die Verbindung zu Gott ist nicht abgerissen, sie entzündet sich, sobald sie ans Tageslicht kommt. 
Dass wir wieder anknüpfen können an etwas, das wir gut kennen, das uns gut tut, das gibt mir Hoffnung. Hoffnung, dass wir wieder reinkommen werden in ein Leben, auf das wir seit fast einem Jahr verzichten müssen: uns die Hände reichen, einander umarmen, in Cafés dicht zusammensitzen. Dass wir zueinander finden, wie gute Freunde nach langer Zeit zusammen-finden.  
Dass dann alles wieder da sein wird, wie ein Sommerhit, der durch Mark und Bein geht. Dass das Feuer der Verbundenheit wieder entflammt.
 

 

Es gilt das gesprochene Wort.

04.03.2021
Sabrina Fabian