Achttausendsiebenhundertsechzig

Achttausendsiebenhundertsechzig
Pfarrer Stefan Claaß spricht das Wort zum Jahresbeginn
01.01.2011 - 23:30

Herzlichen Glückwunsch! Sie erhalten heute einen Scheck über 8760 neue Stunden.

24 haben Sie heute schon ausgegeben, bleiben noch 8736 für den Rest des Jahres 2011. Freuen Sie sich über diesen Gewinn? Haben Sie schon überlegt, was Sie damit tun wollen? Wenn Gott Ihnen und mir ein volles Jahr gönnt, werden wir zum Beispiel 2500 Stunden schlafen, das ist notwendig, erholsam und schön. Dann bleiben rund 6200 wache Stunden.

 

In dieser Zeit teilen wir miteinander, was wir machen: Essen, Arbeiten, Musik hören, streiten und lieben. Aber es wird Unterschiede geben, wie wir das tun. Das fällt mir immer dann auf, wenn ich Markus treffe. Er ist genauso alt wie ich und wir kennen uns seit 10 Jahren. Ich habe in dieser Zeit immer in derselben Gemeinde gearbeitet, Markus hat fast jedes Jahr etwas anderes versucht. Weil er für den Arbeitsmarkt schon zu alt ist, hat er sich selbständig gemacht.  Markus handelt mit Kleinartikeln, Geschenken, Blumen und Gebäck. Damit kann er sich und seine Familie gerade so über Wasser halten.  Wenn´s dann mal eine Weile gut gelaufen ist , geht bestimmt das Auto kaputt oder er muss ins Krankenhaus. Seine Krisen kommen regelmäßig, seine Aufschwünge zum Glück auch. Einigermaßen jedenfalls.

 

Ich bewundere an Markus, wie er mit seinem Achterbahn-Leben umgeht. Was nützt es, sagt er in Krisenzeiten, wenn ich mich hinsetze und mich beschwere? Nichts. Markus macht sich Gedanken über seine Zukunft, aber keine Sorgen. Zum Teil ist das sicher eine Typfrage, aber nicht nur. Es ist auch eine Glaubensfrage.

Anlass zu Angst und Sorge gibt es immer und in jedem Leben. Wie geht es weiter mit der Gesundheit meines Freundes? Wie kommen meine Kinder zu einer guten Ausbildung? Was wird 2011 aus der Euro-Krise? Wie stelle ich mich zu meiner Sorge? Negative Gedanken und Gefühle haben die Tendenz, sich auszubreiten und Besitz von mir zu ergreifen.

 

Ich brauche etwas, was ich dagegen setzen kann. Ich kenne in dieser Lage zwei Medikamente. Das erste sind Menschen wie Markus, die sich nicht darauf konzentrieren, was ihnen fehlt, sondern die davon leben, was sie haben. Wenn ich Markus treffe, erzählt er grundsätzlich immer zuerst, was ihm gelungen ist. Ihn zu treffen, macht mich zuversichtlicher.

Das andere Medikament ist ein Ratschlag des Apostels Paulus: „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem“, sagt er. Für uns übersetzt: Wenn Ihnen jemand negativ kommt, dann lassen Sie sich nicht hinunterziehen, sondern setzen Sie Positives dagegen. Wenn Ihnen jemand üble Gerüchte zuraunen will, dann erzählen Sie von guten Erfahrungen. Wenn Ihre Nachbarn Sie ärgern, schreiben Sie ihnen eine freundliche Grußkarte. Nicht, weil Sie ein so guter Mensch sind, sondern weil Gott Ihnen Rückendeckung gibt. Ich hab´s ausprobiert. Es ist nicht leicht, aber das Gefühl hinterher ist eindeutig besser. Ich fühle mich freier, souveräner.

 

Wenn wir Silvester 2011 erleben, dann hoffentlich mit mehr guten als schlechten Erinnerungen.  Bis zu 8736 Stunden haben wir dafür. Gott sei Dank, der Ihnen und mir so großzügige Schecks ausstellt. Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes und gelingendes neues Jahr! Und: Schlafen Sie gut.