Josef von Nazaret – der neue Mann?

Josef von Nazaret – der neue Mann?
mit Lissy Eichert
26.12.2020 - 23:35
06.11.2020
Lissy Eichert

Guten Abend.

Zuhause hatten wir eine selbstgebaute Krippe aus Holz. Einen Stall mit Maria, Josef und dem Jesuskind, mit Ochs, Esel, Hirten und Schäfchen. Im Mittelpunkt Maria, sie kniet vor dem Futtertrog, in dem ihr Neugeborenes liegt. Josef steht etwas im Abseits, irgendwie überflüssig herum.

Ein Krippenszenario aus meiner Kindheit. Inzwischen weiß ich: Der Mann an Marias Seite wird unterschätzt.

Eigentlich wollte der Zimmermann Josef mit seiner Verlobten Maria eine gemeinsame Zukunft aufbauen. Eigentlich. Dann wurde sie plötzlich schwanger - allerdings nicht von ihm. Josef will sich von ihr trennen. Doch da hat er einen Traum mit einer Botschaft: Er solle sich nicht trennen, weil da Gott im Spiel sei.

Josef folgt seinem inneren Eindruck. Bleibt mit Maria zusammen, übernimmt Verantwortung, auch für das Kind. Er wird dem Kind zum „sozialen Vater“, würde man heute sagen. Er hat sich gekümmert.

Kurz nach der Geburt muss die junge Familie fliehen. Der machtgeile König Herodes will Jesus umbringen lassen. Im Traum wird Josef vorgewarnt. Und so schafft er mit seiner Familie gerade noch rechtzeitig die Flucht ins Nachbarland.

Josef, der Handwerker, hat Geschichte geschrieben. Heilsgeschichte. Hätte der Mann aufgegeben nach der geheimnisvollen Schwangerschaft seiner Liebsten, nach Herbergssuche, nach Flucht und Exil: Die Jesus-Geschichte wäre zumindest so nicht weitergegangen.

Aber er ist drangeblieben – das fasziniert mich. Gott spricht, und Josef lässt sich darauf ein. Er bietet seine Mitarbeit an. Achtet auf seine Gefühle; ist empfindsam seinem Gewissen gegenüber, das ihn - wie eine Nabelschnur -  mit Gott verbindet.

Ein interessanter Mann, der es gar nicht nötig hat, im Rampenlicht zu stehen – und der trotz aller Widrigkeiten nicht hinschmeißt.

Wie schafft er das? Vielleicht weil er seiner Bestimmung gefolgt ist?

Vielleicht war ja auch etwas „heiliger Trotz“ dabei, jene Bockigkeit, wie sie in der Bibel steht: „Mag Krieg gegen mich toben, ich bleibe dennoch voll Zuversicht.“

Und dennoch dranbleiben. Josef hatte begriffen, dass Gott ihn genau in dieser Situation brauchte. Um das zu kapieren, kommt es auf die Offenheit an: dass ich mich in aller Zwiespältigkeit des Lebens offen halte für die Anwesenheit Gottes. Ich selbst erfahre zuweilen, dass schon der Versuch, auf die Stimme Gottes zu horchen, mir Halt in Krisen gibt. Dass ich mich dann nicht im Chaos der Gefühle verliere - weil Gott mit im Spiel ist.

Und noch ein Tipp an heutige Väter, die - ähnlich wie der biblische Josef - ein wenig überrascht oder ratlos oder frustriert sind: Geduld und Umsicht sowohl mit sich selbst, mit der Partnerin als auch mit dem Kind tun sicher gut.

Und dem Leben trauen, weil wie ein Berliner Josef sagen würde - Gott „mittenmang“ ist.

Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht – vielleicht ja sogar mit einem „trotz alledem“ guten Traum.

06.11.2020
Lissy Eichert