Die Welt des Humors

Die Welt des Humors
Pfarrer Dr. Wolfgang Beck
24.09.2016 - 23:30

Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, ich esse einfach ganz gerne mit Messer und Gabel. Vielleicht haben meine Eltern es mir ja als Kind so intensiv anerzogen, dass ich es für einen wirklichen kulturgeschichtlichen Fortschritt halte – zumindest im Blick auf Fastfood-Kultur. Ich esse einfach gerne mit Messer und Gabel und damit hatte ich vor kurzem ein kleines Problem: Ich saß vor einem Teller mit verschiedenen afrikanischen Speisen und bekam dazu von den Gastgebern mit einem Lächeln nur den Hinweis, dass zum Essen natürlich die Finger benutzt werden. „Jetzt überwinde dich schon und lass dir nichts anmerken“, dachte ich – und musste ein bisschen über mich selbst schmunzeln.

Lachen hilft, das merke ich seit ich „Pate“ eines jungen Flüchtlingspaares aus Eritrea bin. Ich mache mit beim Programm eines kleinen Vereins an meinem Wohnort. Der Asylantrag der Beiden ist bereits anerkannt. Und wenn wir uns einmal in der Woche treffen, üben wir die deutsche Sprache, meistern ein paar Herausforderungen deutscher Bürokratie und schreiben zur Zeit Bewerbungen, um einen Arbeitsplatz zu finden. Immer wieder stoßen wir auf Punkte, in denen wir über uns selbst lachen müssen, wie eben das Essen mit den Fingern. Dabei hilft Humor schon ein ganzes Stück weiter: Versuchen Sie mal, jemandem aus Afrika zu erklären, warum sein Auto-Führerschein hier in Deutschland nicht anerkannt wird – und bleiben dabei politisch korrekt und sagen nichts Abwertendes über ihre Vermutungen zu afrikanischen Straßenverkehrsordnungen. Oder versuchen Sie mal, jemandem, der erst seit einem Jahr in Deutschland lebt, mit einfachen Worten das hiesige Steuersystem zu vermitteln. Da stehen sie schnell vor zwei Alternativen: verzweifeln oder lachen. Das gilt auch für meine Bekannten, wenn sie sich fragen, warum ich mit dem Fahrrad fahre, obwohl ich kein Kind mehr bin. Oder warum hier eine Fähigkeit nur dann etwas wert ist, wenn man sie auch mit einem Zeugnis belegen kann. Verzweifeln oder lachen?!

Diese Gespräche mit meinen neuen Bekannten aus Eritrea machen mir wirklich Spaß. Sie sind wie eine Schulung, um das Kuriose an der eigenen Kultur und an der persönlichen Prägung zu sehen. Und sie sind ein angenehmer Kontrast, wenn an vielen anderen Stellen über Fragen der Flüchtlingspolitik und der Integration nur mit schweren Sorgenfalten im Gesicht gesprochen wird.

Auch die „Interkulturelle Woche“ ist ein gutes Training für ein wenig Humor und Gelassenheit im Umgang mit diesen Fragen. Die „Interkulturelle Woche“ beginnt an diesem Sonntag mit einem ökumenischen Gottesdienst. Bundesweit gibt es dazu Angebote und Feste. Vielen Gruppierungen und Volksgruppen bieten solche Feste die Gelegenheit, einmal mit Stolz ihre eigenen Traditionen zu präsentieren. Und ganz nebenbei zeigen sie, wie bunt das Leben in unserem Land eigentlich ist. Ich wollte es mir nicht anders vorstellen.

Auch in der Bibel gibt es die Einsicht, dass genau diese Buntheit auch ein Zeichen dafür sein kann, dass sich spannende Entwicklungen ergeben. Der Apostel Paulus etwa reist vor 2000 Jahren von einer Hafenstadt rund um das Mittelmeer zur nächsten. Er erlebt dabei eine große Vielfalt von Kulturen, Religionen und Prägungen. Hier muss sich bewähren, ob ein Miteinander möglich ist. Diese Orte sind deshalb für Paulus auch der Ernstfall dafür, mit Andersdenkenden über den Glauben ins Gespräch zu kommen ohne zu provozieren. Das ist für ihn, etwa in Athen, auch mit Frust verbunden. Viele interessieren sich gar nicht erst für ihn. An diesen Orten pulsiert das Leben, wirtschaftlich, kulturell und eben auch religiös. Dabei läuft nicht alles harmonisch ab. Aber der Gewinn des Miteinanders ist für alle offenbar größer, als es der Rückzug in kulturelle Einheitlichkeit sein könnte. Mit Paulus lässt sich deshalb sagen: Auf geht’s, mitten rein ins Getümmel, auch wenn das manchmal verunsichert oder Missverständnisse mit sich bringt. Den dafür nötigen Humor wünsche ich Ihnen und einen guten Start in die neue Woche.