Du sollst nicht.....

Du sollst nicht.....
Pastorin Annette Behnken
09.03.2019 - 23:45
02.01.2019
Annette Behnken

Das Wort zum Sonntag

 

Das Erste, Samstag, 09.03.2019, 23:45 Uhr

Pastorin Annette Behnken, Loccum

 

Du sollst nicht …

 

So. Der Tag ist jetzt fast zu Ende und ich habe heute so ungefähr 1,8 mal gelogen. Sie vermutlich auch. Laut Statistik lügt jeder Mensch jeden Tag knapp zweimal. Also 657 mal pro Jahr. „Du sollst nicht lügen“ - haben meine Eltern mir früher manchmal gesagt, ich sag‘s meinen Kindern manchmal. Aber ich möchte keine Wette eingehen, ob ich das schaffe. Die Statistik spricht dagegen. Und eigentlich meint dieses achte der zehn Gebote der Bibel auch was anderes. Nämlich: Du sollst nicht falsch Zeugnis reden. Also: Du sollst niemanden schlecht machen, niemanden verunglimpfen, nicht lästern. Macht‘s das jetzt leichter?

Einer fiel es gar nicht leicht. Okay, da war noch Karneval und im Karneval ist so ziemlich alles erlaubt. Narrenfreiheit. Das Volk knöpft sich die Mächtigen und Herrschenden vor, die Reichen und Erfolgreichen. Das ist der Sinn von Karneval. Aber dann hat sich eine amtierende Parteivorsitzende über das dritte Geschlecht lustig gemacht. Wie die wohl auf der Toilette usw. … Ein Witz auf Kosten einer lange diskriminierten Minderheit, die gerade erst anfängt, ihre Leidensgeschichte abzuschütteln. Offenbar ist es mit der Diskriminierung immer noch nicht vorbei. Kritik an ihrer Aussage hält die Parteivorsitzende nicht aus, sondern attackiert die Kritiker und nimmt gleich das ganz Volk mit in Sippenhaft: das verkrampfteste Volk der ganzen Welt. Wenn Witze auf Kosten von Minderheiten gemacht werden, finde ich ein gewisses Maß an Verkrampftheit sehr richtig.

Wie weh diese Lust am Runterputzen anderen tut, merkt man spätestens dann, wenn‘s die eigenen Kinder trifft oder mich selbst oder gute Freunde. Jemand passt nicht ins Schema und wird deshalb lächerlich gemacht.

Aber das ist nicht Karneval. Im Gegenteil. Am Aschermittwoch ist gar nichts vorbei. Ich glaube, es geht erst so richtig los. Die Fastenzeit fängt an. Sieben Wochen bis Ostern. Auf etwas verzichten, damit Raum für etwas anderes entsteht. Sieben Wochen ohne falsch Zeugnis reden. Ohne Schlechtmachen, Lästern. Ohne Verunglimpfen. Denn damit trete ich die Einzigartigkeit und, christlich gesprochen: die Gottebenbildlichkeit anderer mit Füßen. Sieben Wochen ohne Verunglimpfen. Stattdessen: Respekt. Vor der Einzigartigkeit, Würde und Gottebenbildlichkeit anderer. Sieben Wochen lang. Mindestens.

02.01.2019
Annette Behnken