Magnificat

Magnificat
Pastoralreferentin Lissy Eichert
09.12.2017 - 23:35
Guten Abend.

 

Ob an der Krippe auf dem Weihnachtsmarkt oder auf der Pyramide aus dem Erzgebirge - sie ist immer dabei: Maria, die Mutter von Jesus. In diesem Advent geht mir ein Gebet nicht aus dem Sinn, das Maria zugeschrieben wird, ich meine das Magnifikat.

 

Da treffen sich zwei Frauen, die beide überraschend schwanger geworden sind – nach der biblischen Erzählung vom Heiligen Geist. Die eine eigentlich viel zu alt, und die andere  eigentlich viel zu jung und unerfahren. Trotzdem: Beide lassen ihrer Freude freien Lauf, und aus Maria platzt es heraus: "Meine Seele preist die Größe des Herrn, und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter."

 

In diesem besonderen Moment erkennt Maria, wie Gott aus ihrem kleinen gewöhnlichen Leben etwas Großes macht, sie wirklich aus ihrer Ängsten herausholt. Denn ledig und schwanger in einer patriarchalen Gesellschaft, das ist hart.

 

Jetzt aber spürt sie: Ja, es stimmt: Gott erhöht die Niedrigen. Aber stimmt es auch, wie Maria weiter betet: Gott stürzt die Mächtigen vom Thron, lässt die Reichen leer ausgehen und sättigt die Hungernden? Was für starke Aussichten! Das Magnifikat gilt nicht umsonst manchen als „das leidenschaftlichste, wildeste, ja revolutionärste Adventslied, das je gesungen worden ist“.  

 

Und heute? Heute stehen wir weltweit vor unvorstellbaren Herausforderungen.  Machtgier, Kriegswahnsinn, Ungerechtigkeit - die Liste ist lang. Täglich hören wir von Menschenleben, die geopfert werden und von neuen Krisenherden. Nicht zu wissen, wie das ausgeht, macht ein mulmiges Gefühl. Dabei bereiten wir uns doch auf Weihnachten vor, das Fest des Friedens. Kann sein, dass es diesmal weniger friedlich ausfällt. Jedenfalls für die Bewohner von Betlehem, dem Ort, der im Mittelpunkt der Weihnachtsgeschichte steht. Denn viele Mächtige spielen Machtspiele und provozieren Unruhen, ausgerechnet in einer Weltregion, die einem Pulverfass gleicht.

 

Hilft es da zu singen „Gott stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen“? Mir schon, denn dann weiß ich, auf welcher Seite ich zu stehen habe:  nämlich auf der Seite der Niedrigen,  der Ohnmächtigen, der Hungernden. Aber ich  kann auch die Enttäuschung vieler verstehen, dass  Gott nicht höchst selbst alles Unrecht aus der Welt schafft. „Frieden auf Erden“ verkünden die Engel den Hirten von Betlehem - und dann passiert wieder nichts. Oder zu wenig. Gott arbeitet nicht einfach unsere „Wunschzettel“ ab. Nein, Gott sucht Menschen wie Maria, die sich auf seine Pläne einlassen, sie mittragen und mitmachen. Und auch die Zumutungen schrecken Maria nicht ab. Je mehr sie auf Gott vertraut, desto tougher wird die Frau aus Nazaret.

 

Und heute? Heute sind wir dran, den mühevollen Weg des Friedens zu suchen.

Mir helfen da Lieder wie das Magnifikat, weil sie mir Mut machen. Weil da die Hoffnung auf Veränderung zum Guten aufblitzt.


Ja, ich bin überzeugt: Wenn wir Gottes Wünsche für uns Menschen ernst nehmen, werden sich ganz überraschende Alternativen zeigen. Eine Tür kann aufgehen, eine Mauer einstürzen, eine Seele wieder aufatmen. Und dann wird etwas vom Magnifikat wahr. Dann stürzen Mächtige vom Thron, da gehen Reiche mal leer aus. Da werden Hungrige satt und Niedrige erhöht.

 

Ich wünsche uns allen  einen hoffnungsfrohen Zweiten Advent.