Reinheitsgebote

Reinheitsgebote
Pfarrer i.R. Alfred Buß
23.04.2016 - 23:20

Wort zum Sonntag 23.04.2016

(Alfred Buß, Unna)

 

Reinheitsgebote

 

In Deutschland sollen Minarette und der Muezzinruf verboten werden. So plant es die AfD. Sie will die Reinheit des „christlichen Abendlandes“ bewahren.

 

Mit der Reinheit beschäftigt sich auch manche biblische Erzählung. Eine beginnt so: Die Jünger Jesu sitzen zu Tisch und essen gemeinsam – mit ungewaschenen Händen. Unwillkürlich durchfährt’s mich: Womit waren diese Finger wohl noch vor kurzem befasst?! Brrr. Unseren Kindern haben wir’s eingetrichtert: Vor dem Essen - Hände waschen nicht vergessen.

 

Natürlich achten wir hierzulande auf Sauberkeit, Hygiene, auch auf gesunde Ernährung, auf Rückstände oder Zusatzstoffe in Lebensmitteln.

Mit dem Reinheitsgebot für’s Bier fing es an – übrigens heute vor genau 500 Jahren - und das zieht sich bis zur Liste der Inhaltsstoffe auf den Produkten im Supermarkt.

 

Was nehme ich da zu mir? – wird zunehmend gefragt. Völlig zu Recht.

 

Auch viele Religionen legen großen Wert auf Reinlichkeit und Reinheit – von alters her. Nebenbei sorgen sie so auch für Hygiene und Gesundheit – bis heute. Und haben doch ein tiefer gehendes Motiv: Das Bedürfnis, dem heiligen Gott in Reinheit gegenüber zu treten. Im Gefühl, selber nicht rein zu sein. Deshalb meiden sie bestimmte Speisen. Und legen Wert auf rituelle Waschungen.

 

Und die Jünger Jesu? - Essen da mittendrin mit ungewaschenen Händen!

Das verletzt nicht nur den Anstand, sondern auch religiöse Gefühle.

Deshalb wird Jesus zur Rede gestellt: „Warum essen deine Jünger mit unreinen Händen?“

 

Und jetzt kommt eine verblüffende Antwort. Was sagt Jesus? „Nichts kann den Menschen unrein machen, was in ihn hineingeht. Sondern was aus ihm herauskommt - was er sagt und wie er handelt - das macht ihn unrein“. Was ein Mensch aus seinem Herzen entlässt, das kann menschliche Beziehungen zerstören. Und auch die Beziehung zu Gott.

 

Jesus stellt klar: Was sind schon ungewaschene Hände gegenüber der Weigerung, sich mit Menschen an einen Tisch zu setzen - nur weil sie anderer Herkunft sind, anderer Hautfarbe, Kultur oder Religion. Als wären sie ansteckend.

 

Ja, Reinheitsgebote sind lebenswichtig bei Speisen, beim Bier und in der Hygiene, zweifellos. Aber für das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Kulturen und Religionen sind Reinheitsgebote wie Gift. Es gibt keine völkische Reinheit, erst recht keine rassische. Das sollten gerade wir Deutschen begriffen haben.

 

Das können auch die Programmschreiber der AfD bei Jesus lernen, wenn sie Minarette und Muezzinrufe verbieten wollen, obwohl die Muslime hier zu Hause sind, ja, unsere Nachbarn. Muslime haben das Recht, ihren Glauben hier frei zu leben – wie alle anderen auch. Und wie wir Christen das auch für uns erwarten und einfordern in muslimisch geprägten Ländern.

 

Jesus setzte sich mit allen an einen Tisch, auch mit denen, die andere für unrein hielten, aß und trank mit ihnen und sagte ihnen die Nähe Gottes zu.

 

Diese Nähe Gottes wünsche ich Ihnen für einen gesegneten Sonntag.