Starke Männer

Starke Männer
Pfarrer Benedikt Welter
21.05.2016 - 23:50

Einen guten späten Abend, verehrte Damen und Herren.

Was ist da los?

Wie in einer weltweiten Castingshow schießen sie aus dem Boden – die «starken Männer»: Donald Trump als Präsidentschaftskandidat in den USA, Rodrigo Duterte, der neue Präsident der Philippinen und die bekannten Herren: Wladimir Putin in Russland, Al-Sisi in Ägypten und Recep Tayyip Erdogan und und und ...

«Starke» Männer, die einfache Antworten geben – meistens gebrüllt – und denen die Massen zujubeln. Aber einfache Antworten sind dumm und gefährlich. Einfache Antworten bedrohen den Menschen – als Einzelnen aber auch als Gruppe, als Gesellschaft.

Denn einfache Antworten widersprechen dem Leben: das ist nämlich nicht einfach. Es ist vielschichtig und – im Fremdwort: komplex!

Die «starken» Männer scheinen etwas zu bedienen: sie bedienen den Wunsch, dass das Leben gerne eine Portion einfacher zu haben sein sollte. Wie gut, dass  „starke Männer“ alles irgendwie regeln, und dass ich mir dann keine Gedanken mehr machen muss.

Aber so tickt das Leben nicht. Wenn ich den starken Mann da oben seine Muskeln einsetzen lasse,  und selbst den Kopf in den Sand stecke, hört die Erde nicht auf, sich um die Sonne zu drehen.

Diese «starken» Männer, die weltweit aus dem Boden schießen, machen mir Angst. Nicht sie persönlich. Sondern die Massen, die sie auf ihren Schild heben und jubeln, wenn da mal wieder kurzer Prozess gemacht werden soll mit Kriminellen, Terroristen und gesellschaftlichen Minderheiten. Wohin das führt, sieht man auch bei den aktuellen Christenverfolgungen in manchen Ländern.

Ja, das Leben ist anstrengend, kompliziert und komplex. Gerade dann, wenn es Konflikte gibt.

Aber an dieser Anstrengung wird kein «starker» Mann etwas ändern: nichts wird gelöst durch Todesurteile, Wegsperren von Kritikern und Säbelrasseln.

Da ist mir die Karikatur von einem starken Mann lieber. Die Karikatur von einem Mann, von einem König, von einem Herrscher:

Dem haben sie einen purpurroten Umhang um die Schultern gelegt und ein Dornengewächs als Spottkrone auf den Kopf gepresst. «Seht, da ist der Mensch» - sagt Pontius Pilatus, der «starke» Mann in Jerusalem; und er sagt es, indem er auf Jesus zeigt.

Der ist nämlich diese Karikatur eines «starken Mannes». Unter das Motto - «Seht, da ist der Mensch» - ist der Deutsche Katholikentag kommende Woche in Leipzig gestellt.

Ein gutes Gegenbild zu dem Bild der «starken Männer» auf der Welt. Jesus begibt sich nämlich in unseren menschlichen Schlamassel hinein; er regelt nichts von oben herab mit Parolen. Da erträgt jemand. Da duldet jemand.

Und vor allem: - im Unterschied zu all den Trumps, Dutertes und Erdogans dieser Welt -: da ist jemand mal nicht permanent beleidigt und empört; da brüllt jemand mal nicht unerträglich und andauernd durch die Gegend.

Leben wird durch diesen Jesus nicht einfacher. Aber er hilft mir,  die Anstrengungen dieses Lebens anzunehmen. Er hilft mir, besser zu verstehen und genauer hinzuschauen. Er hindert mich daran, den kurzen Prozess zu suchen und zu machen; schon in meinem Kopf.

So kann ich das Vielschichtige, das Komplexe, das Komplizierte im Leben tragen, manchmal auch ertragen. Ganz ohne einen «starken Mann»!

Ich wünsche Ihnen einen guten Sonntag.