WM zu Ende

WM zu Ende
10.07.2010 - 21:05

"Warum gehen eigentlich Menschen eher zum Fußballspiel als in die Kirche?" So hat ein Theologe einmal gefragt. Heute Nacht, nach dem letzten Spiel der deutschen Mannschaft in Südafrika könnte man zuspitzen: Warum schauen Millionen Menschen eher Fußball, als sich mit der Kirche zu beschäftigen?


Die Antwort des Theologen: "Weil es beim Fußball spannender ist. Denn man weiß vorher nie, wie es ausgeht." Trotz aller Spekulationen über die beste Taktik, die besten Einzelspieler oder den besten Trainer weiß niemand zuvor das Ergebnis. Am Ende siegt eben nicht immer der Beste, manchmal auch der Glücklichere. Von dieser Fußballspannung kann man nach vier Wochen Fußballweltmeisterschaft viel erzählen. Vom Mitzittern mit denen, die aus unserm Land kommen. Das hat Abertausende zusammengebracht. Auf Fanmeilen, in Hauspartys und Kneipen. Wenn es spannend wird, dann identifiziert man sich schnell mit denen, die gewinnen wollen.

In der Kirche aber, so sagt dieser Theologe, sei es eher unspannend. Da scheint es manchmal so, als ob das Ergebnis schon im Vorhinein fest steht. Der Pfarrer erzählt ein bisschen von den Sünden und dem schlechten Leben. Ermahnt einen, was man tun soll oder besser sein lässt, um am Ende zu verkünden: Bei Gott wird es dann alles gut. Das hat der Theologe nicht ganz ernst gemeint. Aber natürlich ist die Kirche für die meisten nicht annähernd so spannend wie ein Halbfinale Deutschland gegen Spanien bei der Weltmeisterschaft.

Spannung hin oder her. Ich glaube, es braucht beides. Spannende Zeiten im eigenen Leben und im Leben anderer, die uns mitfühlend und aufgeregt durch die Tage oder Wochen begleiten und Zeiten, in denen es eben nicht um das Gewinnen und Verlieren geht.

Auch wenn es in den Wochen des Fußballfiebers manchmal so scheint, als wenn es nur auf das Gewinnen ankommt: Das Leben ist kein Wettkampf. Es ist kein Dauerstreit um den Sieg. Das kann jeder schnell überprüfen bei einem Blick auf sein eigenes Leben. Welches sind die Ereignisse, die besonders eindrücklich geblieben sind? War es die erste Liebe, die man – ohne späten Zorn – fast schon vergessen hat? War es die Elternschaft mit all den Anfechtungen und dem Scheitern, ein guter Vater zu sein? War es der bestbezahlte Beruf oder doch eher die Aufgabe, die mit Leidenschaft und innerster Freude ausgeübt wurde? Oder war es, einmal anzukommen und sagen zu können: Hier bin ich zuhause? Viele Beispiele fallen einem im Leben ein, an denen es nicht um das "Besser-sein-als-andere" ging. Sondern nur: So ist es gut! Und da sind Enttäuschungen manchmal genauso wichtig wie Erfolge.

Nächste Woche werden wir wieder ohne Fußball leben müssen. Dann haben wir wieder mehr Zeit für uns: Genießen Sie die wettkampffreien Sommertage.

Genießen Sie Ihr Leben.

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