Projekt der Gemeinde

Projekt der Gemeinde

Die Ev.-Luth. Kirchengemeinde möchte 12 Bibelworte, die im Jahre 1940 durch andere ersetzt wurden, wieder an den Emporenbrüstungen der Georgenkirche anbringen. Hierfür wird um Ihre Spende gebeten.

Heute finden sich 22 Bibelworte an den Emporen der Georgenkirche in Eisenach. – Einst waren es wohl über 70 Bibelsprüche und dazugehörige Bildtafeln. – Im 17. Jahrhundert hatte der Eisenacher Superintendent Rebhan eine für eine lutherische Kirche eher ungewöhnliche Auswahl von Bibelversen getroffen, darunter viele aus den alttestamentlichen Apokryphen (Schriften, die Martin Luther nicht in den biblischen Kanon aufgenommen hatte, weil sie nicht in der hebräischen Bibel, sondern nur in der griechischen Übersetzung enthalten sind).

Im Zuge von Renovierungen der Kirche in den folgenden Jahrhunderten waren die Bibelworte irgendwann verschwunden. Im 20. Jahrhundert jedoch entdeckte man einige dieser alten Bibelworte und Bildtafeln wieder, und in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts wurden sie an der 1. und 2. Empore angebracht.

Die antijüdische Stimmung in der Zeit des Nationalsozialismus prägte das Denken auch vieler Christen und Theologen. 1938 gründeten 13 deutsche evangelische Landeskirchen in Eisenach das „Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben“. Theologen vertraten hier die absurde These, Jesus sei kein Jude, sondern Arier gewesen. Gearbeitet wurde an „bereinigten“ Ausgaben des Neuen Testamentes und des Gesangbuches. Die Eisenacher Kirchengemeinde entschied 1940 anlässlich einer Innenrenovierung der Kirche, 12 der Bibelworte „auszuscheiden“ und durch Worte aus dem Neuen Testament zu ersetzen: 10 weil sie aus der jüdischen Bibel stammten, aus dem Alten Testament bzw. aus den alttestamentlichen Apokryphen. Entfernt wurden aber auch zwei neutestamentliche Bibelsprüche, weil in ihnen auf Mose und Israel Bezug genommen wurde. Dies geht aus einem Schriftwechsel zwischen Malermeister und Kirchengemeinde hervor. Offenbar meinte man, als Kirche und Kirchengemeinde auf die jüdischen Wurzeln des Christentums verzichten zu können. – So wurden über die Hälfte der noch vorhandenen Bibelworte „ausgeschieden“ und ersetzt. – Schon an der zahlenmäßigen Bilanz wird deutlich, wie viel Substanz des Christlichen verlorengeht, wenn man glaubt, so verfahren zu können.

Derartiges ist nicht nur in Eisenach geschehen. Uns heute ist deutlich, welchen Schatz wir als Christen an den jüdischen Traditionen haben. Jesus war Jude und die Schriften der hebräischen Bibel waren für ihn die Heilige Schrift. Daher bedauert und betrauert es die Kirchengemeinde Eisenach, dass uns das Gegenüber einer jüdischen Gemeinde genommen worden ist. Zugleich wird uns sehr deutlich, wie leicht wir uns als Menschen vom Geist der Zeit beeinflussen lassen – manchmal ohne dass uns das bewusst wird. Daher erscheint es als umso wichtiger, dass wir uns immer wieder auf die Grundlagen unseres christlichen Glaubens besinnen. Genau das war auch das Anliegen von Martin Luther. Mit einer Zeile aus seinem Choral „Ein feste Burg ist unser Gott“ hat die Evang.-Luth. Kirchengemeinde Eisenach daher eine Predigtreihe überschrieben, die seit dem vergangenen Jahr jeweils im Oktober die verschwundenen Bibelworte thematisiert: „Das Wort sie sollen lassen stahn …“ – Im vergangenen, in diesem und im nächsten Jahr predigen Gastprediger über die damals „getilgten“ Bibelworte. In den darauffolgenden Jahren sollen auch die anderen Bibelverse thematisiert werden.

Außerdem möchte die Kirchengemeinde Eisenach die damals „ausgeschiedenen“ Bibelworte wieder an den Emporen anbringen – und zwar so, dass Besucher der Kirche ins Fragen kommen, welche Geschichte dahinter steht. – Auf diese Weise will die Kirchengemeinde dazu beitragen, die Erinnerung an das Geschehene lebendig zu halten und den Schatz leuchten zu lassen, den wir in den jüdischen Wurzeln unseres Glaubens haben. Zugleich stellt sich immer wieder die Frage, wo wir heute in der Gefahr stehen, wichtige Grundlagen unseres Glaubens auszublenden, weil sie nicht in unseren Zeitgeist passen.

Für dieses Projekt bittet die Ev.-Luth. Kirchengemeinde herzlich um Ihre Unterstützung und Spenden.