Auf der Landesgartenschau 2012 wird es erstmals in der Geschichte der Landesgartenschauen ein gemeinsames Projekt dreier Religionen geben: Katholische und evangelische Kirche, die Israelitische Kultusgemeinde und die muslimischen Gemeinden Bambergs präsentieren sich im "GottesGarten der Religionen“ und laden dazu ein, bei mehr als 500 Veranstaltungen "das Paradies zu berühren“. Sie wollen ein Zeichen setzen für ein Miteinander der Religionen, für gemeinsame Werte und Anliegen, und ebenso auch für die Achtung des Andersgläubigen und den Respekt vor den Unterschieden im Glauben an den einen Gott.
Der Name "GottesGarten“ enthält einen Anklang an den Gottesgarten am Obermain (eine Landschaft zwischen Vierzehnheiligen und Kloster Banz, Bad Staffelstein und Lichtenfels). Vor allem aber soll er auf das Paradies als Garten Gottes verweisen: den Garten Eden, wie auch die Paradiesvorstellung im Islam und die reiche Tradition von Gärten in der arabischen Kultur. Der GottesGarten lädt alle Besucher und Besucherinnen zum Verweilen ein, bietet ihnen an, sich mit den grundlegenden Gedanken der drei Religionen zu befassen und aus der reichen Quelle ihrer geistigen und geistlichen Erfahrungen etwas für sich mitzunehmen.
Geschichte des Projekts
Ins Jahr 2006 geht die Initiative des evangelischen Pfarrers Winfried Geyer und seines katholischen Kollegen Matthias Wünsche zurück, einen "Paradiesgarten“ als Projekt der christlichen Kirchen bei der Landesgartenschau einzubringen. Schon bald votierten die Teilnehmer einer Vorbereitungsgruppe dafür, dieses Projekt gemeinsam mit Juden und Muslimen in Bamberg anzugehen. Seit 2008 gehören folglich auch Repräsentanten der Israelitischen Kultusgemeinde in Bamberg sowie Muslime aus der Türkisch-Islamischen Gemeinde (und der Deutsch-Arabischen Moschee) in Bamberg dazu. So entstand im interreligiösen Dialog das Projekt „GottesGarten der Religionen – das Paradies berühren“. Dafür verantwortlich zeichnen der Regionaldekan, Domkapitular Dr. Gerhard Förch, der Dekan des Evangelischen Dekanats Bamberg, Otfried Sperl, Mehmet Cetindere als Verantwortlicher des DITIB Türkisch-Islamischen Kulturvereins e.V. und die Rabbiner Arieh Rudolph und Yael Deusel für die Israelitische Kultusgemeinde in Bamberg.
Der GottesGarten - in Zelten oder unter freiem Himmel
Schon vor der Eröffnung der Landesgartenschau im April 2012 laden auf dem Gelände des GottesGartens Zelte zur Begegnung und zum Verweilen ein. Die Zelte erinnern an die nomadische Tradition, die alle drei Religionen verbindet. Ein von Weitem sichtbares, großes Zelt der Begegnung bietet Platz für etwa 60 Personen. Es besteht aus drei Schalen, die einer Blütenknospe nachempfunden sind, wobei jede Schale mit dem Motiv einer der drei Religionen ist.
Für den Islam steht ein in arabischer Kalligraphie geschriebener Satz: "Allah ist schön und er liebt die Schönheit!“ Der goldgelbe Hintergrund weckt Assoziationen der goldenen Kuppeln von Moscheen. Die Schale des Judentums zeigt in hebräischer Handschrift auf dunkelblauem Grund den Anfang der Schöpfungsgeschichte aus dem Buch Genesis: "Am Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde …“ Im Vordergrund steht als Symbol für das Judentum ein monumentaler goldener siebenarmiger Leuchter, die Menora. Die Schale der Christen gibt auf violettem Hintergrund einen Auszug aus der Bamberger Apokalypse wieder, ein Werk der ottonischen Buchmalerei aus der Zeit um das Jahr 1000, die zu den bekanntesten Werken aus dem Skriptorium des Klosters Reichenau zählt. Der abgedruckte Text aus der Offenbarung (Kapitel 21) lautet "Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende. Ich will dem Dürstenden aus dem Quell des Wassers des Lebens geben umsonst“ und drückt die christliche Hoffnung auf eine Erneuerung der gesamten Schöpfung durch Gottes Heilswirken aus. Als Symbol ist das Kreuz in leuchtender Farbe aufgemalt, zusammen mit den beiden griechischen Buchstaben Α und Ω.
Gebete dreier Religionen in drei Sprachen
Neben dem Zelt der Begegnung gibt es auch ein Zelt der Stille und Meditation, von drei Stoffbahnen überwölbt, die in den gleichen Grundfarben wie das große Zelt gehalten sind. In diesem Zelt steht eine Stele aus Keramik auf dreieckigem Grundriss, auf deren drei Seiten das jeweils wichtigste Gebet der drei Religionen in der Originalsprache und in einer deutschen Übersetzung zu lesen ist. Für den Islam steht auf Arabisch und Deutsch die Sure 1 aus dem Koran, die beginnt mit: "Im Namen des barmherzigen und gnädigen Gottes“. Dreimal am Tag beten jüdische Gläubige das "Sch’ma Israel - Höre Israel, der Ewige ist unser Gott, der Ewige ist einzig!“ Die Besucher können es auf Hebräisch und Deutsch lesen. Alle Christen eint das Gebet aus dem Munde Jesu, das "Vaterunser“. Es ist abgedruckt in der heute gebräuchlichen deutschen Fassung sowie im griechischen Ursprungstext aus dem Matthäusevangelium.
Gebetsteppiche, Hocker und Gebetsschemel laden zum Verweilen und Meditieren ein. Jede Woche wird von einem religiösen Motto begleitet, zu dem ausgesuchte Texte der drei Religionen zum Nachdenken und Innehalten anleiten möchten. Im Gebetszelt sind diese Themen auf Transparenten zu lesen, auf Bildkarten liegen sie zum Mitnehmen bereit. Eine Broschüre erklärt die Hintergründe zum GottesGarten und bietet grundlegende Informationen über die drei monotheistischen Religionen sowie deren Glaubensgemeinschaften in der Stadt Bamberg.
In einem dritten Bereich können auch unter freiem Himmel Aktionen und Events aller Art stattfinden. Vom gesamten GottesGarten aus hat man dabei einen wunderschönen Blick auf den für die Landesgartenschau angelegten Fischpass. Auf Anregung der Religionsgemeinschaften hin teilt sich der aus dem Wasser der Regnitz gespeiste Wasserlauf an dieser Stelle in vier Arme und bildet so die vier Ströme des Paradieses nach.
Tägliches Programm
Gefüllt und belebt wird der GottesGarten mit einem täglichen Programm, das geistliche Impulse, Koranlesungen, jüdische und christliche Gottesdienste wie die Feste Christi Himmelfahrt und Pfingsten sowie multireligiöse Feiern umfasst. Monatlich referieren Vertreteinnen und Vertreter der Religionsgemeinschaften beim "Talk der Religionen“ und stellen sich den Fragen der Zuhörer. Darüber hinaus gibt es mehr als 150 weitere Veranstaltungen, Konzerte und Workshops für Jung und Alt, die allen Gästen offen stehen. In diesem Programm soll sich das Miteinander der Religionsgemeinschaften spiegeln, die sich im Miteinander oder in eigener Verantwortung und je nach ihren personellen Möglichkeiten aktiv einbringen.
Ulrich J. Ortner
Über das ständig aktualisierte Tagesprogramm informiert die Website www.gottesgarten-bamberg.de, und auch auf Facebook ist der "GottesGarten der Religionen“ vertreten.