Geschichte von Schloss und Schulzentrum in Michelbach

Geschichte von Schloss und Schulzentrum in Michelbach

Im Jahre 1606 hatte zuvor der Schenk Wilhelm von Limpurg in Obersontheim die verwitwete Gräfin zu Hohenlohe-Langenburg, eine geborene Gräfin zu Reuß-Plauen, geheiratet. Für sie war in einer„Widdumsverschreibung" ein Schlossbau in Michelbach als zukünftiger und standesgemäßer Witwensitz vorgesehen. 1609 wird bereits der Bauvertrag mit Meister Androy, der für ein Jahr in Michelbach beim Schlossbau tätig sein wird, ausgefertigt. Anschließend beginnen die Bauarbeiten, für die die Gräfin 3000 Gulden aus ihrer Privatkasse vorstreckt.

 

1610 ist der Schacht des Hauptbaus ausgehoben, 1613 werden Küche und der große Saal im Erdgeschoss mit Platten belegt, 1617 ist der Hauptbau eingedeckt. Danach beginnt man mit dem Bau des gegenüberliegenden Querbaus und 1618 bis1621 werden der Ost- und der Westflügel fertig gestellt. 1631 stirbt Gräfin Dorothea zwei Jahre vor Schenk Wilhelm im Alter von 61 Jahren. Das Michelbacher Schloss bleibt unbewohnt. Später zieht die gräflich limpurgische Amts- und Forstverwaltung in den Nebengebäuden ein.

 

Verschiedene Baumaßnahmen finden immer wieder an den Schlossgebäuden statt. So wird1701 der Uhren- und Glockenturm auf dem Querhaus errichtet. Nach Erlöschen der limpurgischen Herrschaft geht das Michelbacher Schloss im Erbgang an die Fürsten zu Löwenstein-Wertheim-Freudenberg. Diese verkaufen 1935 ihre Güter, insbesondere die ehemals limpurgischen Waldgebiete um Michelbach, an die Evangelische Kirche in Württemberg.

 

Vom Reformpädagogischen Landerziehungsheim ...

Bereits im Jahre 1925 pachtet der Reformpädagoge, Naturwissenschaftler und Schüler von Hermann Lietz, Ludwig Wunder (1878-1949), von der "Fürstlichen Domänenkanzlei der Grafschaft Löwenstein-Wertheim“ das Schloss‚ um dort ein Landerziehungsheim zu gründen. Zwei Jahre nach der Gründung im Herbst 1926 leben 26 Schüler in Michelbach zusammen mit 5 Lehrkräften und 6 Mitarbeiterinnen für Haus und Küche.

 

Leitbild des Pädagogen Wunder war eine ganzheitliche Erziehung, untermauert durch Praktika in Landwirtschaft, Garten und Handwerk. Freizeit und Internatsleben sind eng verbunden und werden durch Ludwig Wunder gestaltet und gelenkt. Vegetarische Ernährung, Abkehr vom festen Fächerkanon und Lehrplänen ergänzen den besonderen Charakter des Landerziehungsheimes.

 

Während des Nationalsozialismus bleibt die Schule bestehen. In den Veröffentlichungen von Ludwig Wunder, für den Pazifismus und Askese (Enthaltsamkeit von Drogen, Alkohol und Nikotin) in den 20er Jahren zur entscheidenden Lebensauffassung gehörte, wird während der Hitlerherrschaft eine gewisse Annäherung an die NS-Ideologie deutlich.1945 wird die Schule in den letzten Kriegswochen geschlossen. Ludwig Wunder stirbt im Frühjahr 1949 in Michelbach.

 

... zur evangelisch-kirchlichen Lehreroberschule

Die Evangelische Kirche in Württemberg entschließt sich im Frühjahr 1946, im Michelbacher Schloss eine kirchliche Lehrerbildungsanstalt zu gründen. Am 6. Oktober 1946 wird die evangelisch-kirchliche Lehreroberschule durch Landesbischof Theophil Wurm eröffnet. Zum ersten Schulleiter wird Pfarrer Stockburger (1946-1951) ernannt. Die Schule bildet in den ersten Jahren junge Männer zum Lehrerberuf aus, ohne dass es einen vorgeschriebenen Lehrplan oder Unterrichtsinhalte gab. Neben Religion spielte bereits die musische Bildung eine herausragende Rolle. Mit dem Abschluss der Michelbacher Schule ist den Schülern ein Studium an einem der pädagogischen Institut des Landes möglich.

 

1951wird die Lehreroberschule in Oberschule mit Heim umbenannt. Damit ist unter dem neuem Schulleiter Eberhard Jetter (1951-1953) der Grundstein für das spätere Aufbaugymnasium gelegt. Nach erneuten Schulleiterwechsel erhält die Schule 1953 den Namen Evangelisches Aufbaugymnasium. Bis zu 172 männliche Schüler sind nunmehr an zwei Orten untergebracht. In Lichtenstern bei Löwenstein ist die Mittelstufe versammelt und in Michelbach die Oberstufe.

 

Das dreiklassige Oberstufen-Mädchengymnasium der Landeskirche "wandert“ 1954 von Lichtenstern nach Großsachsenheim "aus“. 1955 kann unter Schulleiter Willi Lauk (1953-1965) seitwärts vom Schloss ein neues Schulgebäude und ein Lehrerwohnhaus errichtet werden. Entscheidende Veränderungen ergeben sich 1961-1963 durch den Bau des Internates und Schulgebäudes für die Mittelstufe am Rande des Ortes. Nun kann ab Januar 1963 der Umzug von Lichtenstern nach Michelbach erfolgen und alle Schüler des Aufbaugymnasiums an einem Ort unterrichtet und im Heim untergebracht werden.

 

Aufnahme der ersten Schülerinnen in Michelbach

1971 erfolgt unter Schulleiter Werner Hehl (1966-1979) die Aufnahme der ersten Schülerinnen in Michelbach, nachdem das neu gegründete evangelische Aufbaugymnasium in Mössingen bereits1968/69 mit der Koedukation begonnen hatte. Nach ihm leitet Otto Schmelzle von 1979 bis 1993 die Schule.

 

1995 wird von der Evangelischen Landeskirche die Evangelische Schulstiftung gegründet, der die drei kirchlichen Gymnasien in Mössingen, Großsachsenheim und Michelbach angehören. Zu dem bisherigen Profilfach Musik tritt 1996 in Michelbach das neu entworfene Schulfach Religion/Diakonie (Klasse 9-13) hinzu ("Michelbacher Modell“), ab 2003 ein drittes Profil, NaTuR (Naturwissenschaft-Technik-Religion).

 

Eröffnung des Evangelischen Schulzentrums Michelbach

In die Amtszeit von Kurt Hertweck als Schulleiter (1993–2006) fallen seit 1999 weitere einschneidende Änderungen für das Aufbaugymnasium Michelbach alter Prägung. Nach kurzer Vorplanung kann das Evangelische Schulzentrum Michelbach eröffnet werden. Zuerst mit je einer fünften Klasse im Gymnasium der Normalform und in der Realschule. Das bisherige Aufbaugymnasium mit Internat bleibt bestehen. Alle Schulteile werden als gebundene Ganztagesschule mit Mittagessen und verpflichtendem Freizeitangebot geführt.


Im Herbst 2000 werden die neuen Gebäude mit einem Festakt eingeweiht und der Schulbetrieb in diesen Räumen aufgenommen. Zum Ende des Schuljahres 2005/06 wird der langjährige Schulleiter Kurt Hertweck in den Ruhestand verabschiedet. Zu seinem Nachfolger wird Dr. Jürgen Oelschläger ernannt.