Geschichte der Lutherischen Stadtkirche in Wien

Geschichte der Lutherischen Stadtkirche in Wien

Seit 1783 ist die Lutherische Stadtkirche die Heimat der Gemeinde Augsburgischen Bekenntnisses in der Innenstadt Wiens. Die Lutherische Stadtkirche gehört damit zu den ersten Kirchen in Österreich, die dank des Toleranzpatents von Kaiser Joseph II. zum (Frei-)Raum für evangelische Gottesdienste wurden. Im Altarraum der Kirche dankt eine Gedenktafel noch heute dem Kaiser, der den "dankbaren Anhängern des Augsburger Bekenntnisses“ die Religionsausübung erlaubte.

 

Versteckte Kirche ohne Turm

Vor dem Einzug der Evangelischen war das Gebäude in der Dorotheergasse 18 aber bereits 200 Jahre als römisch-katholische Kirche genutzt worden: Die Kirche wurde für das Klarissenkloster St. Maria Königin der Engel gebaut, das 1583 gegründet wurde. Vom Raumeindruck der römisch-katholischen Vorgängerkirche ist freilich heute nur mehr das Gewölbe geblieben.

 

Denn das Toleranzpatent erlaubte den Evangelischen zwar den öffentlichen Gottesdienst, aber die evangelischen Kirchengebäude durften keinen Turm haben und von der Straße nicht als Kirche erkennbar sein. In der Lutherischen Stadtkirche bedeutete diese Bestimmung unter anderem, dass man den Eingang zur Kirche auf die Seite verlegen musste. Bis heute ist der Seiteneingang aus dem Hof ein beliebter Eintritt in die Kirche – man steigt sozusagen "quer“ hinein, und ist das nicht auch wieder irgendwie etwas Typisches für die kleine evangelische Minderheit in Österreich?

 

Ehemals einzige evangelische Kirche in Wien

Lange Zeit – von 1783 bis 1849 – war die Lutherische Stadtkirche die einzige evangelische Kirche in Wien; sie sammelte die Evangelischen aus der ganzen Stadt zusammen. Heute gibt es mittlerweile 24 Gemeinden Augsburgischen Bekenntnisses in Wien. Die jahrzehntelange "Sammelfunktion“ zeigt sich auch an der Raumnutzung: Rund um den Kirchenraum wurden zwei Emporen eingezogen, über dem Altar liegen zwei Emporen, und sogar über das holzgeschnitzte Chorgestühl im Altarraum setzte man einen Balkon. 

 

Der Innenraum zeigt sich heute in der Gestalt, die er 1907 erhalten hat. Damals wurden auch die Fassade und der Eingang der Lutherischen Stadtkirche in ihre heutige Form gebracht. Die Helligkeit und Klarheit des Kirchenraumes verdankt sich einer Renovierung von 1997/98, bei der auch die Kirchenbänke von 1872 und das Altarbild gereinigt wurden. Das Altarbild mit dem gekreuzigten Christus ist einem Gemälde von Anthonis van Dyck nachempfunden; es wurde 1783 von Franz Linder geschaffen.

 

Protestantische Tradition seit 1783

Seit 1783 haben 38 evangelische Pfarrer in der Gemeinde Wien-Innere Stadt ihren Dienst getan. Heute zählen etwa 3.500 Evangelische zur Gemeinde der Lutherischen Stadtkirche und es gibt zwei Pfarrstellen: Frau Dr. Ines Knoll ist die amtsführende Pfarrerin und Herr MMag. Wilfried Fussenegger hat die zweite Pfarrstelle inne. 23 Kuratoren haben seit 1783 die Pfarrer der Lutherischen Stadtkirche ehrenamtlich im Geist des allgemeinen Priestertums unterstützt; heute ist Herr Prof. Dr. Ernst Istler der Kurator der Gemeinde Wien-Innere Stadt.