Im Mittelpunkt des Fernsehgottesdienstes steht ein ganz besonderes Christusbild aus dem 15. Jahrhundert. Zu sehen ist Jesus nicht als Erlöser am Kreuz und auch nicht als Weltenherrscher, sondern als Tröster. Neben Jesus ist Johannes, der Lieblingsjünger, zu sehen. Eng schmiegt er sich an Jesus. Jesus tröstet ihn.

Im Jahr 1478 wurde dieses Kunstwerk geschaffen, so zeigt eine Inschrift. Das mittelalterliche "Trostbild" – ein Glasfenster! - hat unbeschadet mehr als fünf Jahrhunderte überstanden. Wie eine Ikone entfaltet dieses Bild eine große Kraft.

Das dunkle Blau und die schwarzen Farben im Hintergrund zeigen: Es ist Nacht. Leuchtend dagegen die Gewänder. In warmen Farben, gelb und rot, ist der Strahlenkranz dargestellt, der Heiligenschein, der Christus umgibt.

Diese Glasmalerei zeigt nur einen kleinen Ausschnitt. Auf dem Großbild ist eine Tischrunde zu sehen: Jesus feiert mit seinen Jüngern das letzte Abendmahl. "Einer von euch wird mich verraten", sagt Jesus. Mitten in dieser dramatischen Situation zeigt diese "Momentaufnahme": Johannes hat Angst. Der Körper scheint kraftlos, wie in sich gefallen. Mit offenen, verstehenden Augen schaut Jesus den traurigen Johannes an. Seine Hand liegt auf dessen Rücken. Jesus wendet sich einem Menschen zu.

Vielleicht verkörpert Johannes aber auch das kontemplative oder innere Gebet. Davon schreibt Teresa von Avila, eine Ordensfrau und Mystikerin des Mittelalters. Sie lebte zur gleichen Zeit wie der Künstler. Sie beschreibt das Gebet als "Verweilen bei einem Freund". Ob das Bild einlädt, einen inneren Ort bei Christus zu suchen?

Wir wissen nicht, wer der Künstler war, sogar die Werkstatt ist uns nicht bekannt. Aber deutlich wird, mit wie viel Liebe und Einfühlung jener unbekannte Künstler aus dem 15. Jahrhundert die Konturen geschnitten, die Farben gesetzt und das Glas gebrannt hat.

Nun reiste dieses "Trostbild" fast 550 Jahre durch die Zeit und leuchtet in schweren Jahren auf. Mitten in den Sorgen unserer Zeit wirft dieses mittelalterliche Bild aus der Sixti-Kirche in Northeim ein Licht auf das, was jetzt wichtig ist: Einander Trost spenden. Gemeinsam das Kreuz tragen, das uns auferlegt ist. Und Schmerz geduldig erleiden, wenn es keine andere Wahl gibt.

Der Künstler führt uns noch heute seine Botschaft vor Augen: Christus thront nicht fern von uns, sondern ist mir ganz nah.