Das Treffen war geheim: Im September 1837 kamen neun Personen in der guten Stube des Oldenburger Glasers Carl Weichardt am Stau zusammen und gründeten die dritte Baptistengemeinde in Deutschland. In Hamburg und Berlin gab es schon welche. Aber eigentlich durfte nur die Staatskirche Gottesdienste abhalten und Kirchengemeinden gründen. Darum bekamen etliche Gemeindemitglieder in den ersten Jahren große Schwierigkeiten, mussten empfindliche Strafen zahlen oder landeten gar im Gefängnis.
Aber die Baptisten hatten dennoch reichlich Zulauf. Von Anfang an galt: Jeder soll selbst entscheiden, ob er als Christ leben möchte - nicht seine Eltern, nicht die Tradition. Darum wurden nicht Kinder getauft, sondern Menschen, die "mit Ernst Christen" sein wollten. Solche Gedanken waren in einer Zeit, in der die Aufklärung mit ihren Gedanken über das individuelle Selbstbestimmungsrecht immer mehr Freunde gewann, von Teilen der Gesellschaft sehr geschätzt. Andere bekämpften sie als revolutionär. Dabei ging es den Baptisten nur um die konsequente Weiterführung der Reformation. Die Trennung zwischen Staat und Kirche passte ihrer Meinung nach besser zu den Anliegen der Reformatoren.
Wesentlich beteiligt an der Gründung der Gemeinde in Oldenburg - und auch an der Verbreitung des Baptismus auf dem europäischen Kontinent insgesamt - war der aus Varel (30 km von Oldenburg entfernt) stammende Kaufmann Johann Gerhard Oncken. Nach einem Aufenthalt in England, wo es Baptisten bereits seit 1610 gab, kam er als Buchhändler nach Deutschland zurück. Er nahm Kontakt auf zu kleinen Gruppen überall in Deutschland, die sich zum Bibellesen trafen und darüber diskutierten, wie eine Kirche nach dem Vorbild des Neuen Testamentes aussehen könnte. So schreibt Oncken auch als Begründung, warum in kurzer Zeit so viele Baptistengemeinden entstanden, lapidar: "Die Bibel ist schuld." Bis heute spielt das gemeinsame Bibellesen und -verstehen eine große Rolle in der Gemeinde. Sowohl in Gemeindeseminaren in der Kreuzkirche als auch in so genannten "Hauskreisen", also in Wohnzimmern, wo man wie damals in der Gründerzeit miteinander über Bibeltexte und ihre Anwendung für das eigene Leben diskutiert.
Zur Oldenburger Gemeinde gehören derzeit ca. 480 Mitglieder. Aber sehr viele Gäste besuchen unsere Gottesdienste und Veranstaltungen, auch ohne Mitglied zu sein. Darüber freuen wir uns genauso.