Immer wieder kommt es in den USA zu Naturkata-strophen durch Tornados und Hurrikans. Die Menschen sind darauf eher schlecht als recht eingestellt. Manche haben einen einfachen Schutzraum auf ihrem Grundstück, einen sogenannten Shelter. Curtis sieht einen Wirbelsturm nie gekannten Ausmaßes auf sich zukommen. Um seine Frau und sein taubstummes Töchterchen zu schützen, rüstet er seinen Schutzraum aufwändig und kostspielig um. Seine Furcht wird zur Obsession, darüber verliert er seine Arbeit und mehr und mehr auch den Bezug zu seiner Familie. Wer ist krank – Curtis oder seine Umgebung? Gerade als diese Frage gelöst erscheint, wirft das verblüffende Ende alle Gewissheiten vollends über den Haufen.
„Take Shelter“ beginnt wie ein Katastrophenfilm. Die Verteidigung von Heim und Familie nimmt - auch visuell - Bezug auf den Western. Die Alpträume, die Curtis heimsuchen, sind inszeniert wie Horrorfilme. Die Verarbeitung dieser Genreelemente hat eine symbolisch-politische Bedeutungsebene, verorten sie die erzählte Geschichte doch in dem amerikanischen Mythos der Verteidigung des eroberten Landes, das ständig bedroht erscheint. Auch Filme tragen seit jeher zu dieser Geschichtsschreibung bei und prägen sie mit. Zugleich ist „Take Shelter“ sehr deutlich auf die Bedrohungen der Sicherheitsbedürfnisse in der gegenwärtigen amerikanischen Gesellschaft bezogen. Arbeitsplatz, Gesundheit, Krankenversorgung, Umwelt, aber auch die eigene Rolle im größeren und engeren sozialen Umfeld sind unklar, bedroht, unsicher, prekär.
Regisseur Jeff Nichols verbindet diese Elemente zu einer Bilderzählung von großer Eindringlichkeit und Spannung, die hervorragenden Schauspieler verschaffen durch ihre Präsenz der Handlung eine enorme Wucht. Mit filmischen Mitteln gelingt ihm die facettenreiche Beschreibung der aktuellen sozialen und politischen Situation der weißen amerikanischen Mittelschicht, in der sich ein ambivalentes und wachsend alarmiertes Lebensgefühl verdichtet.
Bio-Filmografie:
Jeff Nichols, Autor und Regisseur, wurde 1978 in Arkansas geboren und studierte an der Filmhochschule der North Carolina School of the Arts. 2007 entstand sein erster Spielfilm, SHOTGUN STORIES, wie TAKE SHELTER nach einem eigenen Drehbuch. Zurzeit arbeitet er an seinem dritten Film, MUD. „Als ich im Sommer 2008 anfing, TAKE SHELTER zu schreiben, war ich gerade frisch verheiratet. Obwohl sich meine Karriere und mein Privatleben positiv entwickelten, hatte ich das nagende Gefühl, dass auf die Welt schwere Zeiten zukommen werden. Diese unbestimmte Angst hatte zum Teil wirtschaftliche Gründe, zum Teil kam sie davon, dass ich älter wurde. Hauptsächlich hatte sie jedoch damit zu tun, dass ich in meinem Leben etwas gefunden hatte, was ich nicht verlieren wollte. All diese Gefühle flossen direkt in die Charaktere meines Films mit ein.“ (Jeff Nichols)
Der "Film des Monats" der Jury der Evangelischen Filmarbeit ist die einzige durch eine Jury vergebene Auszeichnung für einen aktuellen Kinofilm. Die Jury der Evangelischen Filmarbeit ist ein unabhängiges Gremium. Ihre Mitglieder werden von Einrichtungen der evangelischen Kirche ernannt. Die Jury zeichnet Filme aus, die dem Zusammenleben der Menschen dienen, zur Überprüfung eigener Positionen, zur Wahrnehmung mitmenschlicher Verantwortung und zur Orientierung an der biblischen Botschaft beitragen. Die Arbeit der Jury wird vom Filmkulturellen Zentrum im Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP) betreut.