Die Evangelische Gemeinde A.B. Meran,
Schwerpunkte der Gemeindearbeit
Die Evangelische Gemeinde möchte eine einladende Gemeinde sein. Eine gute Gastfreundschaft ist ihr seit je her sehr wichtig. Viele Gäste aus nah und fern, Touristen, Kurgäste und Einheimische unterschiedlicher Konfessionen fühlen sich hier sehr wohl. Die Stadt Meran liegt 321 Meter über dem Meeresspiegel. Allein die Stadt, mit ihren 38 tausend Einwohner, zählt Jahr für Jahr über 1 Millionen Besucher mit rund 7 Millionen Übernachtungen. Hinzukommen die Gäste aus dem Umland in der Provinz.
Die Altersstruktur der Evangelischen Gemeinde (von einem Neugeborenen bis zu einer 99-jährigen) ist sehr ausgeglichen, ist wohl mehr eine relativ junge Gemeinde mit vielen Familien und Kindern, aber auch vielen Senioren, deren Erfahrung sehr geachtet und geschätzt wird. Die Gemeinde ist durchweg deutschsprachig. Wenige Gemeindeglieder sind aus der italienischen Sprachgruppe, möchten aber bewusst in der Gemeinde deutsch sprechen und deutsch lernen. Zu den eigenen Gemeindegliedern kommen viele Touristen regelmäßig hinzu. Einige haben eine eigene Wohnung im Gemeindegebiet, manche von ihnen haben den Status einer Gästemitgliedschaft. Während die Wintermonate von Dezember bis März eine gemeindeinterne und zugleich eine sehr gemeindeintensive Zeit ohne fremde Gäste sind, sind die Sommermonate von vielen Touristen bestimmt.
Pfarrer der Gemeinde
Seit September 2014 ist Pfarrer Martin Krautwurst aus Thüringen amtierender Pfarrer in der Evangelischen Gemeinde A.B. Meran. Der gelernte Tischler ist verheiratet mit Ulrike Krautwurst, geborene Steinhäuser, Vater von drei Töchtern und mittlerweile zweifacher Großvater. Nach seinem Studium an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena und seinem Vikariat in der Thüringer Landeskirche begann er in Jena-Winzerla sein Vikariat. 1998 wechselte er ins Vakanzvikariat nach Magdala und war dort bis 2014 Pfarrer eines Gemeindeverbandes mit 15 Orten und 13 Predigtstellen. Von der Evangelischen Kirche Mitteldeutschland (EKM) für diesen Dienst beurlaubt und durch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) dazu entsandt, wird er bis 2020 hier seinen Dienst tun. Eine bis zu drei Jahren mögliche Verlängerung ist nicht ausgeschlossen. Gemeinsam mit seiner Frau arbeitet und wirkt er hier vor Ort und in den beiden Außenstellen in Arco (Gardasee) und in Sulden (Reschenpass). Sein Konzept einer gabenorientierten Gemeindearbeit bindet viele Ehrenamtliche mit ein. Gemeindeglieder und Touristen fühlen sich in der Gemeinde wohl und angenommen. „Heimat geben, Lebensbegleitung ermöglichen und die Kraft aus dem Glauben entdecken“ sind u.a. Schwerpunkte und Motto der Gemeindearbeit. Dazu zählen einladende Räumlichkeiten, inhaltliche Angebote und eine offene Kommunikation für Gemeindeglieder und Gäste. Das Angebot von Gemeindekreisen geht vom Zwergencafe (Mutter-Vater-Kindkreis) bis zum Seniorennachmittag. Hauskreise, Gesprächskreise und mehrere Angebote für Kinder, Jugendliche, Junge Erwachsene und Familien bestimmen das Gemeindebild. Die Gemeinde reist gerne, Besuche bei den Partnergemeinden in Italien, Jugend- und Familienfreizeiten und eine Gemeindefahrt ins Ausland stehen jährlich auf dem Programm.
Zentrum Gottesdienst
Zentrum der Gemeindearbeit ist der deutschsprachige Sonntagsgottesdienst 10 Uhr. Von Sonntag Palmarum bis Silvester finden die Gottesdienste mit musikalischer Ausgestaltung in der Christuskirche statt. Während der Wintermonate (meist ohne viele Touristen) trifft sich die GD-Gemeinde im beheizten Gemeindesaal des Pfarrhauses. Zu den Gottesdiensten in Meran wird sonntäglich ein Kindergottesdienst angeboten. Um die Gottesdienste herum versammeln sich Gemeinde und viele Gäste zu den unterschiedlichsten Gemeindekreisen, die auch den Gottesdienst mitgestalten. Neben den Gottesdiensten in der Christuskirche und im Gemeindesaal findet regelmäßig dienstags ein eigener Gottesdienst im Seniorenheim „Haus Bethanien“ statt. In den Kirchen von Arco und Sulden werden weitere Gottesdienste auch durch Kurz- und Langzeiturlauberseelsorge (ELKI/EKD) angeboten. Der Kanzeltausch mit der katholischen Gemeinde und Kasualien führen auch zu Predigten in den katholischen Kirchen vor Ort und Umgebung.
Die Evangelische Gemeinde A.B. Meran: Geschichte und Zukunft
Drei Kirchen, ein Pfarrhaus sowie ein Alten- und Pflegeheim – in und mit diesen Gebäuden präsentiert sich die Evangelische Gemeinde A.B. Meran den Südtirolern und ihren vielen Gästen heute, und sie unterhält zudem einen eigenen, inzwischen denkmalgeschützten Friedhof unweit des Stadtzentrums, der als parkähnlicher Ort des Friedens zunehmend auch Angehörige anderer Konfessionen veranlasst, dort eine Grabstätte zu erwerben.
Vor rund 170 Jahren, in der Mitte des 19. Jahrhunderts, mussten sich dagegen die wenigen Evangelischen in Meran und Südtirol, wenn sie denn eine Predigt auch nur gemeinsam lesen wollten, noch in Privaträumen geheim hinter Schloss und Riegel versammeln, denn eine freie Religionsausübung war für sie in diesem Land katholischer Glaubenseinheit verboten – jedenfalls bis zum Erlass des sogenannten Protestantenpatents durch Kaiser Franz Joseph I. (1830–1916) am 8. April 1861. Erst dadurch wurde den Evangelischen in der Habsburgermonarchie die volle Freiheit des Bekenntnisses und das ungestörte Recht der gemeinsamen öffentlichen Religionsausübung zugesichert. Und sie wussten es zu nutzen: Noch 1861 konnte ein evangelischer Friedhof in Meran eingeweiht werden, im April 1862 verfügte man durch eine testamentarische Schenkung schon über ein eigenes Bethaus mit Pfarrerwohnung, 1882 richtete man dort auch eine kleine evangelische Schule ein. Auf die seit Weihnachten 1861 begehrte Gründung einer rechtlich anerkannten evangelischen Gemeinde musste man allerdings lange warten; sie wurde von der Regierung in Wien gut 14 Jahre lang verweigert und konnte erst am 7. Februar 1876 vollzogen werden.
Angesichts der ständig wachsenden Zahl von Gästen, die den Kurort Meran aufsuchten und unter denen viele Evangelische aus aller Welt waren, wurde bald nicht nur der Wunsch nach einer eigenen Kirche laut, sondern sie wurde sogar zur unabweisbaren Notwendigkeit. Eine heute fast beispiellos anmutende Spendenbereitschaft von Gemeindegliedern und Gästen, die vornehmlich dem Adel und dem gehobenen Bürgertum zuzurechnen waren, ermöglichte die gänzlich aus eigenen Mitteln verwirklichte Errichtung der evangelischen Christuskirche, die der Berliner Architekt Johannes Vollmer (1845–1920) von 1883 bis 1885 zu einem eindrucksvollen Zeichen evangelischer Präsenz in Meran auszugestalten wusste.
Und die Blüte der evangelischen Gemeinde hielt an: 1897 wurde ein evangelisches Pfarrhaus unmittelbar an der Passerpromenade errichtet, im gleichen Jahr schuf man auch einen zweiten evangelischen Friedhof, ein sogenanntes Diakonissenheim konnte 1900 gebaut und vom inzwischen gegründeten Evangelischen Frauenverein zur Versorgung von Kranken genutzt werden, 1904 baute man sogar – wieder aus Spendenmitteln – eine geräumige evangelische Schule, die wegen ihres soliden Bildungsniveaus auch von katholischen sowie wenigen jüdischen Kindern besucht wurde.
Diese Blütezeit, in der schließlich weit über 3.000 Gemeindeglieder zu verzeichnen waren, endete jäh mit dem Ersten Weltkrieg. In Treue zur Habsburgermonarchie hatte man ganz erhebliche Geldsummen in Kriegsanleihen angelegt; nach dem Krieg aber war nicht nur der, sondern auch das Geld verloren, und da in den Folgejahren das Italianisierungsprogramm sogenannte reichsdeutsche Gemeindeglieder – das war die überwiegende Zahl – vertrieb und Gäste fernhielt, begann der Niedergang der evangelischen Gemeinde. Nach dem Zweiten Weltkrieg verschärfte sich diese Situation sogar so sehr, dass bereits an eine Auflösung der Evangelischen Gemeinde gedacht werden musste – wozu es dann dank der Evangelischen Kirche in Deutschland erfreulicherweise nicht kam.
Mit dem seit 1955 allmählich wieder zunehmenden Tourismus konnte auch die Evangelische Gemeinde A.B. Meran – der nun mittlerweile ca. 400 Gemeindeglieder angehören – wieder zunehmende Bedeutung erlangen und ist heute in ihrem Gebiet zwischen Brenner und Gardasee zu einem unverzichtbaren Ort für Verkündigung und Seelsorge vor allem für die zahlreichen Gäste geworden, was inzwischen auch von Politik und Wirtschaft des Landes geschätzt und unterstützt wird. Auch die 1900 in Arco unmittelbar nördlich des Gardasees errichtete Trinitatis-Kirche und die 1911 eingeweihte Kapelle in Sulden auf 1920 Meter Höhe, in denen überwiegend Urlauberseelsorger*innen den Pfarrdienst übernehmen, sind inzwischen in der Zeit von April bis Oktober zu häufig aufgesuchten Orten für Einheimische und Gäste geworden. Und es ist ganz und gar erfreulich, ja, segensreich, dass dieser Dienst seit Jahren schon in großer ökumenischer Offenheit und Verbundenheit geschehen kann.