Geschichte der St. Marienkirche in Osnabrück

Geschichte der St. Marienkirche in Osnabrück

Die Kirche St. Marien ist eine von vier mittelalterlichen Kirchen in Osnabrück. Zwei von ihnen, St Marien und St. Katharinen, wurden mit der Einführung der Reformation 1543 in Osnabrück evangelisch. Der Dom und die Pfarrkirche St. Johann in der Neustadt blieben katholisch. Die endgültige Festschreibung des konfessionellen Status aller Kirchen erfolgte in den Ausführungsbestimmungen zum Westfälischen Frieden 1650/51 in Nürnberg. Die zentrale Lage der Marienkirche am Markt in der unmittelbaren Nähe zum Rathaus und zur ehemaligen Stadtwaage deutet auf gewachsene Strukturen hin: Das bauliche Ensemble bildete ab Anfang des 16. Jahrhunderts den politischen, gewerblichen und kulturellen Mittelpunkt der Stadt.

 

Der heute sichtbare Bau der Marienkirche geht im Wesentlichen auf das 14. Jahrhundert zurück. Die Anfänge sind indessen viel früher zu suchen als beispielsweise die erste urkundliche Erwähnung 1171 als Kirche „Unserer Lieben Frau“. Ab dem 11. Jahrhundert entstand durch die Verleihung des Markt-, Münz- und Zollrechts an den Osnabrücker Bischof im Jahre 1002 auf dem jetzigen Marktbereich eine sich schnell entwickelnde frühstädtische Siedlung neben der schon bestehenden Domburg.

 

Kaufmannskirche mit Lagergeschoss

Den hier ansässigen Fernkaufleuten, die in der Regel fremdstämmige Bewohner waren, war eine Bestattung auf dem Friedhof der Domburg rechtlich nicht erlaubt. Daher gab es schon vor 1002 einen Fremdenfriedhof und wahrscheinlich eine kleine Kirche oder Kapelle für diesen Personenkreis. Archäologische Funde und baugeschichtliche Untersuchungen zeigen diese erste Marienkirche als eine auch für profane Zwecke genutzten Kaufmannskirche. So gab es beispielsweise eine offene Vorhalle für Versammlungen und ein Lagergeschoss zur Warenhal­tung.

 

Mit der durch Kaiser Friedrich Barbarossa beurkundeten Verleihung von Stadtrechten an diese Siedlung im letz­ten Drittel des 12. Jahrhunderts gewann die Kirche immer mehr die Bedeutung als Markt- bzw. Pfarrkirche für eine nun sesshaft gewordene Gemeinschaft von Handwerkern und Kaufleuten. In insgesamt sechs nachweisbaren Bauphasen veränderte sie bis ins 15. Jahrhundert immer wieder ihr äußeres Gesicht. Sie wurde zur ersten Osnabrücker Bürgerkirche.

 

Selbstbewusste Stadtgemeinde

Auch wenn zwischenzeitlich 1218 eine Inkorporation in das Domkapitel erfolgte, das über die Besetzung der Geistlichen bestimmte, behielten die Bürger einen Teil der Vermögensverwaltung. Sie ließen 1306 einen Opfer­stock aufstellen, um in Eigenregie einen weitgehenden Neubau eines Hal­lenlanghauses zu finanzieren. Der Neubau der Kirche zeigte deutlich den Gestaltungswillen einer selbstbewussten mittelalterlichen Stadtgemeinde, die hier als Bauherr auf­trat. Wohl nach dem vergeblichen Versuch eines erweiterten Hallenchor­es fand die Bautätigkeit an der Marienkirche im 15. Jahrhundert mit der  Fertigstellung des niedrigeren Chorumganges und der nordöstlichen Sakristei ihr vorläufiges Ende.

 

Im 18. Jahrhundert erhielt der Turm, der seit dem Hallenumbau ins Kirchenschiff integriert ist, eine neue Haube, die der heutigen Form entspricht. Im 19. Jahrhundert musste fast die gesamte Außenarchitektur wiederhergestellt werden. Anfang des 20. Jahrhunderts waren große Instandsetzungsarbeiten im Inneren der Kirche nötig. Im Zweiten Weltkrieg brannte die Kirche fast völlig aus. Die letzte große Renovierung fand in den 80er und 90er Jahren statt. Wenn auch nicht in ihren äußeren Maßen, so doch in ihrer einst zeitgemäßen Konstruktion als gotische Hallenkirche bildet die Marienkirche bis heute ein repräsentatives Gegenüber zur spätromani­schen Dombasilika und zählt zu den bedeutendsten Kirchenbauten des 14. Jahrhunderts in Nordwestdeutschland.

 

Siegfried Brennecke