Geschichte der Kirche

Geschichte der Kirche

Eine Prinzessin gründet eine Kirche

Die neugotische Johanneskirche in Erbach am Rhein, erbaut unter der Leitung des Herzoglich Nassauischen Baumeisters Eduard Zeiss, ist die erste evangelische Kirche in oberen Rheingau und verdankt sich einer Stiftung der Prinzessin der Niederlande, Marianne von Preußen (1810 – 1883). Nach ihrer Scheidung von Prinz Albrecht von Preußen und einer langen Reise durch Europa, Ägypten, Syrien und das Heilige Land, zog Prinzessin Marianne mit ihrem Sekretär und engstem Vertrauten, Jan van Rossum, und dem gemeinsamen Sohn Johannes Wilhelm, in das Schloss Reinhartshausen in Erbach am Rhein. Als Johannes Wilhelm am ersten Weihnachtstag 1861 im Alter von 12 Jahren an Scharlachfieber starb, setzte sie dessen Wunsch nach einer evangelischen Kirche in Erbach um und unterzeichnete noch am Abend seines Todes die Stiftungsurkunde für Kirche, Pfarrhaus und Pfarrstelle. Nach Fertigstellung der Johanneskirche wurde Johannes Wilhelm in der Krypta unter dem Altar beigesetzt. Noch immer steht dort der einfache Sarkophag aus grauem Lahnmarmor und trägt die Inschrift. „J.W. von Reinhartshausen geboren zu Cefalu, den 30ten Oktober 1849 vollendet zu Erbach den 25ten Dezember 1861. Seine Seele gefaellt Gott, darum eilet Er mit ihm aus diesem Leben.“ Am Kopfende des Sarkophags steht eine kleine Engelsfigur, gearbeitet von dem niederländischen Bildhauer Stöver, der auch die Figuren hinter dem Altar geschaffen hat.

Innenraum Johanneskirche

Der Altar steht vor dem Gruftportal, das von zwei Figuren flankiert wird, die Glaube und Hoffnung symbolisieren. Ursprünglich stand dort auch eine Figur, die Liebe symbolisierte, diese wurde jedoch zugunsten eines Kreuzes entfernt und an anderer Stelle aufgestellt. Nach ihrem Tod beerdigte man Prinzessin Marianne auf dem Erbacher Friedhof neben ihrem Lebensgefährten Jan van Rossum. Die beiden freien Plätze in der Gruft blieben unbesetzt. Johannes Wilhelm liegt dort ohne seine Eltern.

Um den Charakter einer Trauerkirche hervorzuheben, verzichtete man auf die ursprünglich geplanten Chorfenster, die erst 25 Jahre später eingesetzt wurden. Das mittlere sogenannte „Weinstockfenster“ stiftete der älteste Sohn von Prinzessin Marianne aus erster Ehe, Prinz Albrecht von Preußen. Es zeigt Jesus an einem Rebenkreuz mit dem Text aus dem Johannesevangelium 15,5 „Ich bin der Weinstock und ihr seid die Reben“. Die Ornamentik der Fenster wurde in die spätere Innenraumbemalung von 1906 aufgenommen. Bis dahin waren die Anstriche vermutlich in schlichtem Weiß gehalten, auf das man in den 1950er Jahren zurückkam. Nach Jahrzehnten weißer Wände im Kirchenschiff beschloss der Kirchenvorstand nach einer Kirchenmitglieder-Umfrage im Dezember 2013, den Innenraum der Erbacher Johanneskirche wieder in den ursprünglichen – farbigen – Stand des Jahres 1906 zu versetzen. Die aufwändige Teppichmalerei und die Ornamente an Wänden und im Chor wie auch der goldene Sternenhimmel prägen nun wieder unsere Kirche. Ein Zufallsfund waren die beiden Bilder der Reformatoren Luther und Melanchthon neben der Eingangstür, die ebenfalls restauriert wurden.

Die Kirche wurde 2015 renoviert und in den Ausmalungsstand von 1906 zurückversetzt. Neben der Eingangstür zur Kirche sind links und rechts die jungen Reformatoren Martin Luther und Philipp Melanchthon zu sehen, dazu stilisierte Teppichmalereien an den Wänden und am Himmel goldene Sterne und Weinreben. Der Altar steht vor dem Gruftportal, das von zwei Figuren flankiert wird, die Glaube und Hoffnung symbolisieren.