Faszination Weihnachten
Pfarrer Michael Broch
25.12.2010 22:30

Hirten - Hirten dürfen an der weihnachtlichen Krippe nicht fehlen. Sie sind auch die ersten, die von Jesu Geburt erfahren. So berichtet es das Lukas Evangelium im Neuen Testament. Und die Hirten seien nach ihrer Begegnung mit dem neugeborenen Jesus überglücklich gewesen. Bis heute geht es unzähligen Menschen an Weihnachten ähnlich wie den Hirten damals. Nicht nur Kinder haben strahlende Augen, auch Erwachsene. Kirchlich Engagierte und kirchenkritische Zeitgenossen, Menschen weit über die Grenzen der Kirche hinaus werden immer wieder von diesem Fest angerührt. Auch mich bewegt Weihnachten. Was macht dieses Fest so anziehend?

 

Ich glaube, an Weihnachten kann sich jeder zu einer Art Menschheitsfamilie dazugehörig fühlen. Niemand sollte sich ausgeschlossen fühlen. Ein Blick in die Krippe kann das anschaulich machen: Maria und Josef; die Hirten, die damals im gesellschaftlichen Abseits standen; und von weit her die Heiligen Drei Könige. Nicht zu vergessen Ochs und Esel. Sie alle sind ganz nah beim Kind in der Krippe.

 

Diese Krippe ist so eine Art Welt im Kleinen: Die Hirten stehen für die Menschheit. Ihnen sagt ein Engel: „Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude, die allen Menschen zuteil werden soll.“ (Lukas 2,10) Die Heiligen Drei Könige symbolisieren die Erdteile, die Völker auf ihrer Suche nach Gott. Maria und Josef sind ein Bild für die weltweite Kirche, als einer Art religiöser Geborgenheit. Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen. Schön, wenn das wirklich immer so wäre. Ochs und Esel schließlich stehen für Gottes geliebte Schöpfung. Zu allen ist Gott gekommen. Allen ist er gleich nahe.

 

Faszination Weihnachten. Die Hirten damals, soziale Außenseiter und obendrein hart gesottene Typen. Angesichts des Kindes wird etwas in ihrer Seele berührt. Sie staunen und singen. Vielleicht in der Hoffnung auf ein neues Leben, auf ein gerechteres Leben – eine Hoffnung, die in jedem Neugeborenen aufscheint.

 

So viel unterscheidet mich vielleicht gar nicht von diesen Hirten. In meiner zeitlosen, auch kindlichen Sehnsucht, beachtet, geliebt und geborgen zu sein. Weihnachten steht so im besten Sinne des Wortes für „Nestwärme“.

 

Für mich liegt der tiefste Grund dafür in der wunderbaren Botschaft: Gott selbst fängt ganz klein an. Gott wird sichtbar, greifbar, spürbar. Was fernab war, ist nahe gekommen. Vor allen theologischen Erklärungen und religiösen Überhöhungen spricht das Kind Jesus ganz für sich. Es ist wie jedes Kind zart und zerbrechlich. Es braucht Schutz und Zuwendung.

 

Faszination Weihnachten. Und dadurch, dass diese Sehnsucht nach Geborgenheit immer wieder angerührt, berührt wird – zieht dieses Fest so viele Menschen an. In dieser Sehnsucht nach irdischer und göttlicher Geborgenheit öffnen sich alle Jahre wieder so manche Türen und Herzen.

 

Ich wünsche Ihnen gesegnete, frohe Weihnachten.

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