Dioxin Skandal
Pfarrerin Adelheid Ruck-Schröder
15.01.2011 21:10

Kriminelle gehören vor Gericht. Wer Industriefett mit Futterfett vermengt und dann noch in Kauf nimmt, dass diese Mischung hochgiftige Stoffe enthält – der legt ganz schöne kriminelle Energie an den Tag. Da beißt die Maus keinen Faden ab. So weit habe ich keinen Klärungsbedarf im neuesten Dioxin-Skandal. Das ist ein Fall für den Staatsanwalt.

Aber wenn wir schon über Dioxin in Schweinen reden – die eigentliche Schweinerei, genauer: die eigentlichen Schweinereien liegen in meinen Augen tiefer. Menschen, die in dieser Art und Weise Lebensmittel panschen, vergiften nämlich das Miteinander in unserer Gesellschaft. Mein Vertrauen jedenfalls wird dadurch massiv untergraben.

Seit Jahren bemühe ich mich, Produkte aus Deutschland zu kaufen. Wie viele andere auch – im Vertrauen darauf, dass bei uns einigermaßen verantwortlich produziert wird. Mir stinkt es, damit jetzt einmal mehr als naiv entlarvt zu werden. "Kontrollen müssen her.", sagen viele. Ja, das sehe ich auch. Aber es ist ja mindestens ebenso naiv zu meinem, damit bekämen wir alles in den Griff: Nach der Dioxin-Kontrolle kommt der nächste Skandal und die nächste Kontrolle, und so weiter.

Und es ärgert mich, dass solche skrupellosen Täter wie die im Dioxin-Skandal letztlich den Ruf nach immer mehr Kontrollen in allen Bereichen unserer Arbeit verschärfen.

Von mir weiß ich: Ich arbeite am besten, wenn ich nicht kontrolliert werde. Ich bin mündig und möchte ernst genommen werden in meiner Eigenverantwortung. An meinem Arbeitsplatz wird tatsächlich auch immer mehr von außen überprüft und kontrolliert. Aber wird unsere Arbeit dadurch wirklich besser? Ich bezweifle das. Ich möchte in einer Gesellschaft leben, wo wir uns nicht andauernd kontrollieren müssen. Wo wir einander über den Weg trauen können, dass der andere seinen Beruf von sich aus gut macht. Ich müsste ja nach jedem Reifenwechsel ängstlich sein, wenn ich nicht davon ausginge, dass der Mechaniker von sich aus die Schrauben sorgfältig festzieht.

Der Dioxin-Skandal vergiftet aber nicht nur unser Miteinander. Er hält uns auch den Spiegel vor: Viel zu lange beteiligen wir uns nämlich alle schon an dieser "vergifteten" Lebensmittelkette.

Ich halte sie für vergiftet auch im übertragenen Sinn: "Täglich Fleisch: Ja, aber bitte billig, egal was die Tiere fressen und wie sie geschlachtet werden." "Eier: Ja, aber doch nicht für über 20 Cent das Stück, egal wie die Hühner gehalten werden."

Von Armut rede ich jetzt nicht. Das ist ein anderes Thema. Aber die Jagd nach Schnäppchen und nach "immer Mehr", gerade beim Essen, vergiftet eben auch die Produktion.

Im Grunde genommen wissen wir das alle. "Es ist dir gesagt Mensch, was gut ist." So sagte es der Prophet Micha vor fast 3000 Jahren. Daran hat sich seither nichts geändert. Auch wenn Propheten aus der Mode gekommen sind. Wir wissen im Grunde, was gut ist und was uns gut tut. Das Katastrophale ist nur: Es fällt uns so schwer, das Gute auch zu tun.

Mein Fazit ist:
Ich will da eigentlich nicht mehr mitmachen. Ich habe vorhin gesagt: Der Dioxin-Skandal vergiftet unser Miteinander und hält uns den Spiegel vor. Man kann das bejammern. Man kann die Sache dem Staatsanwalt überlassen.

Ich verstehe es als Ruf zur Umkehr.

Sendeort und Mitwirkende

Ev. Rundfunkreferat Saar

Pfarrer Hermann Preßler

Talstraße 44

66111 Saarbrücken

 

Tel.: 0681-65792

Email: pressler@rundfunkreferat-saar.de

 

Evangelische und Katholische Rundfunkarbeit beim Saarländischen Rundunk