Österliche Begegnungen sind diskret
Pfarrer Michael Broch
23.04.2011 22:40

„Wer tot ist, ist tot“. Das ist unsere Erfahrung. Und nun soll da jemand vom Tod auferstanden sein. Die Auferstehung Jesu – das klingt auch noch nach zweitausend Jahren unglaublich.

 

Wie also kann ich mir das Unvorstellbare vorstellen? - Im Johannes Evangelium habe ich eine Spur entdeckt. Da hat sich Jesus nach seinem Tod seinen Freundinnen und Freunden mehrmals als Lebender zu erkennen gegeben. (Johannes 21,1-14)

 

Wenn ich die Ostergeschichten im Neuen Testament näher anschaue, dann fällt mir auf:

 

Jesus begegnet den Seinen behutsam dort, wo sie gerade sind - beim Fischen, im Garten, zuhause. Er zeigt sich ihnen in ihrem konkreten Lebensumfeld.

 

Dabei drängt er sich nicht auf, sondern lädt ein. Er überfällt sie nicht mit Forderungen, nicht zu zweifeln und endlich zu glauben. Nein, Jesus fühlt und empfindet mit ihnen. Und immer ermutigt er sie bei diesen Begegnungen: Habt keine Angst. Fürchtet euch nicht. Habt Frieden. Ich bin bei euch.

 

Und noch etwas fällt mir auf:

 

Jesus bleibt bei all diesen Begegnungen diskret. Er setzt bei seinen Freundinnen und Freunden etwas in Bewegung und entzieht sich ihnen wieder. Er lässt sie in Freiheit mit ihren neuen Erfahrungen umgehen.

 

All diesen Begegnungen gemeinsam ist das: Jesu Jüngerinnen und Jünger machen eine für sie lebenswichtige Erfahrung – Jesus ist nicht im Tod geblieben. Er lebt.

 

Wenn ich dem nachspüre, was das mit mir macht, dann denke ich an einen Menschen, den ich sehr gern habe, der aber weg ist und den ich vermisse. Ich kann es kaum erwarten, bis wir uns wieder sehen. Dabei mache ich die beglückende Erfahrung, dass wir uns – bei aller räumlichen Trennung – innerlich sehr nahe sind: im Geist, im Herzen, in allen Empfindungen und Gefühlen, die wir füreinander haben. Nahe auch, wenn wir im Gebet aneinander denken und uns so verbunden wissen. Er ist da, ohne wirklich da zu sein. Diskret, ohne einander festhalten zu wollen. – Aber auf einmal ist sie wieder weg – diese wunderbare innere Schau. Und ich wünschte, dass sie bald wieder kommt.

 

Solche Erfahrungen haben immer wieder auch mit meinem Glauben zu tun. Erfahrungen, die aber nicht dort zu finden sind, wo es sensationell, laut oder schrill zugeht. Die ich aber dort machen kann, wo ich still werde und nachdenklich, wo es diskret zugeht. Also dann, wenn die äußeren Dinge innerlich werden.

 

Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes und frohes Osterfest.

 

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