Das Wort zum Sonntag: "Passtscho"
Pfarrer Michael Broch
29.09.2012 21:10

“Herzlich willkommen - wer immer du bist”. Das war das Motto der “Interkulturellen Woche” in Deutschland. Sie geht heute zu Ende. Aber ihr Anliegen ist weiß Gott nicht zu Ende. Denn mit dem friedlichen Miteinander verschiedener Kulturen und Nationen geht es um eines der wichtigsten Themen unserer Gesellschaft. Hat doch fast jeder 5. Bundesbürger ausländische Wurzeln.

 

“Herzlich willkommen – wer immer du bist” – das klingt gut und schön. Aber stimmt das auch? Ist das wirklich so? Viele schauen weg, wenn sie mit Fremdem, mit Unbekanntem konfrontiert werden. Die Angst vor Überfremdung kommt hoch. Oft, zu oft beginnt Fremdenfeindlichkeit dort, wo Menschen abgelehnt werden, nur weil sie anders aussehen, anders denken, leben und glauben.

 

Die fürchterlichen, zum Teil gelenkten Auseinandersetzungen um den aggressiv-dummen “Islam-Schmäh-Film”, und immer wieder Unfrieden stiftende Mohammed-Karrikaturen - sie tun hier das ihre, um die Kulturen zu entfremden, ja zu verfeinden. Da müssen alle Menschen guten Willens dagegen halten, und zwar mit Respekt vor der anderen Religion. Und dem unumstößlichen Willen zur Gewaltlosigkeit.

 

Auswüchsen wie diesen will eine “Interkulturelle Woche” gegensteuern. Das Werbe-Plakat hat dieses ernste Thema in einer spielerischen, sympatischen Tonart zum Ausdruck gebracht:

 

Ein roter Ausweis erinnert an den Reisepass der Europäischen Union. Dazu das pfiffige Wortspiel mit dem Pass: “Passtscho”. “Passtscho” ist  ein Ausdruck aus dem Bayrischen. Dieses “Passtscho” klingt einerseits regional und heimatverbunden, es weist aber auch über das Reginale hinaus. Denn es bedeutet so viel wie: Es ist in Ordnung. Es ist gut so.  Du bist gut so. Wo normalerweise das Staatswappen sitzt, ist ein Rosenstrauß. – Dieser Pass soll auch zeigen, dass es bei uns bereits an vielen Orten ein gutes Miteinander verschiedener Kulturen und Religionen gibt.

 

Menschlichkeit so verstanden sehe ich verankert in einem Weisheitsspruch im Alten Testament. Dort heißt es: “Du, Gott, liebst alles, was ist und verabscheust nichts von allem, was du gemacht hast – du Freund des Lebens!” (Weisheit 11,22-12,2)  Ein toller Spruch – finde ich. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: dieses “alle”. Wie unterschiedlich, ja oft entgegengesetzt sind die Lebenseinstellungen und die Glaubensvorstellungen von diesen “allen”.

 

Und “alle” dürfen vor Gott sein. Vor seinem Blick der Liebe können “alle” bestehen. So ist Gott! – sagt mir die Bibel. Er ist “unser Gott” und immer auch der “Gott der anderen”. Daraus schließe ich: Wer immer sich auf einen Gott beruft, müsste sich daher  um ein Herz bemühen, das so weit ist, dass es über kleinräumige religiöse Grenzen hinaussieht. Wer immer sich auf einen Gott beruft, müsste sich um eine Phantasie bemühen, die sich vorstellen kann, dass alle Religionen in Gott ihren Ursprung sehen. Wer immer sich auf einen Gott beruft, sollte sich um eine Liebe bemühen, die tief genug ist, in jedem Menschen das zu erkennen, was uns miteinander verbindet.

 

Ich wünsche Ihnen einen schönen Sonntag.

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