Als wenn sich alle bösen Mächte gegen einen verabredet hätten. Im Kleinen wie im Großen scheint das Pech oft im Paket zu kommen. Schicksalsschläge, Missgeschicke, Hiobsbotschaften. Ein Unglück kommt selten allein. Stimmt das und sind das möglichweise Prüfungen – darüber spricht Pfarrer Alexander Höner in seinem Wort zum Sonntag.
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Guten Abend, meine Damen und Herren!
Jetzt ist es mir selbst passiert, was ich als Seelsorger oft in Gesprächen höre. Eine Pechsträhne. Erst bleibt unser Auto auf der Landstraße im absoluten Niemandsland liegen. Getriebeschaden und diverse andere Dinge. Eine Wahnsinnsrechnung. Dann entdeckt der Prüfer bei der Abgabe des Ersatzfahrzeugs eine überlackierte Schramme. Ich war das wirklich nicht, ehrlich. Trotzdem soll ich zahlen. Und dann das Peinlichste: Aus der Familie bekommen wir ein Auto geliehen, damit wir überhaupt in unseren Sommerurlaub fahren können. Und was mache ich Idiot?! Schramme in den engen Gassen am Urlaubsort an eine Mauer.
Ok, im Vergleich zu schweren Schicksalsschlägen, mit denen ich in der Seelsorge zu tun habe, ist ja bei mir nicht wirklich etwas Dramatisches passiert. Aber es macht was mit mir: Wenn morgens die Zahnpasta von der Bürste fällt, und ich das Gefühl hab‘, es geht alles nur noch schief. Das kriegt so’ne Eigendynamik, so‘n Sog, so’ne Selbstprogrammierung: Mir gelingt nichts mehr. Ein Kumpel aus Hamburg sagt dazu: "Hast’e Scheiße am Schuh, hast’e Scheiße am Schuh!"
Oder ernster ausgedrückt: Schwere Erlebnisse kommen im Paket. "Die hatte ein schweres Jahr." – Solche Aussprüche kennen Sie bestimmt oder Sie haben selbst schon einmal so eine schwere Zeit durchgemacht. Da hilft es auch nicht – was gerade en vogue ist, wenn jemand sagt: "Du kannst das Leben haben, das du willst." Mindset und so. In meinem Umfeld zum Beispiel sind Anfang der 2000er viele gestorben und damals habe ich mir fest vorgenommen, Gott etwas zu fragen, wenn ich einst vor ihm stehen werde: Warum mutest du mir das zu? Warum kommen schwere Erlebnisse im Paket?
Ich habe auch Menschen begleitet, bei denen die Unglückszeit überhaupt nicht aufhören wollte. Und dann stellt man sich selbst noch viel existentieller infrage: Was habe ich falsch gemacht? Womit habe ich das verdient? Welche Mächte wollen, dass ich das erleiden muss? Einige versuchen dann zu trösten: "Im Rückblick wirst Du es schon verstehen. Gott gibt dir nicht mehr zu tragen, als du tragen kannst." Aber: Ich habe Menschen begleitet, die sind zerbrochen an ihrer Last. Es waren lebenslustige, wunderbare Menschen. Ich kann das einfach nicht glauben, dass Gott uns extra etwas Schweres zu tragen gibt. Um uns zu bestrafen, zu testen, herauszufordern oder welchen Zweck auch immer. Mein Glaube ist: Gott will das Leben und dass es uns gelingt.
Was ist aber mit denjenigen, die endlos ein dunkles Tal durchwandern? Was tröstet die noch?
"Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, (…) Du bist bei mir." Psalm 23. Die im Tal wandern, sind nicht allein unterwegs. Wie kann ich das behaupten? Weil ich an einen Gott glaube, der Pechsträhnen kennt, der weiß, wie es sich anfühlt, wenn sich die ganze Welt gegen einen verschwört und nichts mehr geht. Er hing am Kreuz. Das war aber nicht das Ende. Es gibt eine Macht, die nicht alles Unglück abwendet, aber die einen nicht im Stich lässt, auch wenn es sich manchmal so anfühlt. Ich geh‘ nicht allein. Wir gehen nicht allein. Auch in dieser Nacht nicht. Kommen Sie behütet in den Sonntag.
Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb)
Redaktion: Ulrike Bieritz