Das Wort zum Sonntag: "Menschenwürde ist unteilbar"
Pfarrer i.R. Alfred Buß
12.10.2013 22:35

Fußball ist eine schöne Nebensache der Welt. Früher habe ich selber als Torwart gespielt, heute schaue ich immer noch gerne zu. Zum Beispiel der Nationalmannschaft. Gegen Irland gestern und am Dienstag gegen Schweden - auf dem Weg zur Weltmeisterschaft. Brasilien 2014. Doch längst regiert im Fußball das Geld. Immer mehr. Selbst im sonst fußballverrückten Brasilien gären Protest und Wut. Die große Mehrheit ist bitterarm. Sie will keine gigantischen Glitzerbauten für die WM und Olympia. Brasilien braucht Krankenhäuser, Bildungseinrichtungen, intakte Verkehrsmittel. „Fifa go home!“ schallt es dem Weltfußballverband nun entgegen.

 

Und dann kommt Katar. In dem reichen Wüstenstaat will die Fifa die Weltmeisterschaft ausrichten - acht Jahre nach Brasilien. Noch ist unklar, ob das überhaupt geht – Fußball im Sommer bei 50° C. In der Gluthitze schuften schuften unzählige Menschen aus Asien und bauen dafür unter menschenunwürdigen Bedingungen. 44 Nepalesen sollen dabei schon umgekommen sein.

 

Die einen sind reich. Die anderen haben nichts. Auch keine Rechte. Nicht einmal das Recht auf Leben.

 

Das gibt es auch hier in Europa. Vor Lampedusa ertranken Hunderte. Die europäische Agentur Frontex schützt Grenzen, nicht Menschen. Italienischen Fischern ist es sogar verboten, Flüchtlinge aus dem Wasser zu retten. Pikant, aber wahr: just als die Flüchtlinge elend untergingen, wollte man Visabestimmungen lockern. Im Innenausschuss des  Europaparlaments. Für Reiche. Einfachere Einreise für Bürger der Vereinigten Arabischen Emirate oder Kuweits. Sie lassen sich hier die Augen operieren, vermitteln milliardenschwere Aufträge oder sponsern Fußballklubs. - Die Abstimmung wurde verschoben.

 

Abschottung gegen die Armen – roter Teppich für die Reichen?

 

Ganz vorne in der Bibel steht:

Jeder Mensch ist Gottes Ebenbild. Jeder hat das Anrecht auf Leben und Achtung. Jeder hat Menschenwürde. Weil er ein Mensch ist. Keiner hat mehr Würde und keiner weniger. Nicht Frau oder Mann. Nicht Gesunder oder Kranker. Nicht Einheimischer oder Fremder. Nicht Reicher oder Armer. Menschenwürde ist unteilbar. Sie eignet allen. Ohne Ausnahme.

 

„Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ So steht es in unserem Grundgesetz. Gott sei Dank. Es ist Zeit, daran zu erinnern. Ein Schiff mit chinesischen Bohnen darf nicht besser geschützt sein als ein Boot voller Flüchtlinge. Und Schutzsuchende, die bis zu uns durchkamen, dürfen nicht zum Nichtstun gezwungen sein. Stattdessen brauchen sie Arbeit und Bildung. Das wäre nachhaltige Entwicklungshilfe. Für uns und für die Herkunftsländer dieser Menschen.

 

Zuwanderung belebt. Das zeigt nicht zuletzt unsere Nationalmannschaft. Zuwandererkinder haben sie stark gemacht. Schon immer, ob durch Posipal, Tilkowski, Asamoah, Miroslav Klose, Khedira oder Özil. Alle gehören dazu. Ohne Ausnahme. Doch Fairness und Menschenwürde gelten nicht nur auf dem Spielplatz. Im Alltag müssen sie Realität werden. „Weiter so“ geht gar nicht. Weder in der Flüchtlingspolitik noch beim Fußball in Katar. Es sind schon zu viele gestorben!

 

Aber wenn Flüchtlingskinder unterschiedlichster Sprache sich problemlos auf dem Rasen verstehen –wie bei mir ganz in der Nähe- ist Fußball eine der schönsten Nebensachen der Welt.

Sendeort und Mitwirkende

Westtdeutscher Rundfunk