Wann haben wir eigentlich das Träumen verlernt?

Wann haben wir eigentlich das Träumen verlernt?
mit Theologieprofessorin Julia Enxing
14.05.2022 - 20:55

Wann haben wir eigentlich das Träumen verlernt?

Buona sera und guten Abend nach Turin, Hamburg und zu Ihnen nach Hause – hier vom Elbufer in Dresden. Hinter mir sehen Sie die Kulisse der Stadt. Traumhaft schön… Jede Ecke dieser Stadt verrät etwas über Träume von Menschen. Von denen, die hier einst gelebt haben und denjenigen, die heute hier leben. Aber egal ob an der Elbe in Dresden, in Hamburg oder sonstwo: Wovon träumen Sie eigentlich? Und: Erinnern Sie sich an Ihre Kindheitsträume? An Ihre Jugendträume? Damals, als noch alles offen schien, die Welt ein Meer voller Möglichkeiten, die Zukunft bunt. Damals, als wir noch dachten, wenn wir nur wollten, könnten wir das Rad neu erfinden, zum Mond fliegen, unter dem Sternenhimmel surfen? Als wir noch keine Schranken im Kopf und im Herzen hatten und keine innere Stimme uns permanent ermahnte, doch mal realistisch zu sein und mit den Spinnereien aufzuhören.

Wann haben wir eigentlich das Träumen verlernt? Wann sind unsere Visionen auf der Strecke geblieben? Wann haben wir aufgehört, verrückte Ideen zu schmieden und uns dem Ernst des Lebens gebeugt?

Im Song von Malik Harris heißt es „I wish there was a way to go back dreaming.” „Ich wünschte es gäbe einen Weg zurück zum Träumen.“

Träume können uns entführen, in andere Welten. In der Bibel kommen übrigens sehr viele Traumgeschichten vor. Auch Gott kommt nicht ohne unsere Träume aus. Gott spricht dann im Traum zu den Menschen, eröffnet ihnen neue Perspektiven. Gott begegnet denjenigen, die zur Ruhe gekommen sind. In der Bibel heißt es: „Wenn ich Prophet:innen unter euch etwas mitteilen will, erscheine ich ihnen in einer Vision oder spreche im Traum zu ihnen“. Viele sind dann total überrascht. Hat Gott echt zu mir gesprochen? Soll ich wirklich den Mut fassen und den anderen Weg einschlagen? Mal was riskieren und ausprobieren – ohne schon zu wissen, ob ich erfolgreich sein werde?

Auch die Musiker:innen des heutigen Abends verfolgen einen Traum. Den Traum vom Eurovision Song Contest. Sie sind dabei ohne zu wissen, wie der heutige Abend für sie ausgeht. Und wir sind auch dabei. Sie und ich. Wir lassen uns mitreißen. Denn wir erleben mit wie schön es ist, wenn Menschen über Grenzen hinweg zusammen feiern, ihren Träumen folgen. Und wer weiß, vielleicht wecken die Lieder und diese besondere Atmosphäre auch bei Ihnen und mir schlummernde Träume und Visionen … von einer besseren Welt, von Frieden und Freiheit, Gerechtigkeit und Geschwisterlichkeit. Oder vielleicht werden auch Sie an die Träume und Wünsche für Ihr eigenes Leben erinnert, was Sie einst wollten und wovon Sie träumten und welchen Traum Sie am liebsten in die Wirklichkeit holen möchten.
I wish there was a way to go back dreaming.