Was uns antreibt
Pfarrer Stefan Claaß
28.05.2011 21:10

Das hier ist ein Treibriemen. Sie glauben mir nicht? Stimmt aber. Diese Gummiringe (großer Berg Gummiringe auf dem Tisch) haben vor kurzem 100 Menschen angetrieben. Für ein großes Projekt: Unsere Kindertagesstätte muss aufwändig modernisiert werden. Wir haben einen klassischen Zwiespalt erlebt. Einerseits waren wir skeptisch: wie sollen wir die Finanzierung stemmen? Auf der anderen Seite wollten wir den maroden Bau unbedingt auf Vordermann bringen. Schließlich haben wir unsere Skepsis überredet, und für den Auftakt einen Sponsorenlauf organisiert.

Jeder, der mitmachen wollte, hat Verwandte, Freunde, Nachbarn angefragt: Wie viel gibst Du für jede Stadionrunde, die ich laufe? Die Antworten lagen meist zwischen einem und zehn Euro. Bei jedem Zieldurchlauf bekamen wir einen solchen Gummiring. 24 Runden habe ich gepackt. Mehr als ich mir vorher zugetraut hätte.

Die wahren Stars waren ein paar Jungs: hier auf dem Bild bekommen sie gerade einen neuen Treibriemen verpasst. Die sind 46 Runden gelaufen. Wie sie das geschafft haben? Erstens waren reichlich Zuschauer da, die uns alle angefeuert haben, als ginge es um die olympisches Gold. Und zweitens ging es um ein richtig großes Vorhaben. Die Jungs hatten Spaß und konnten einbringen, was ihnen lag. Am Ende hatten wir aus lauter kleinen Beiträgen über 15.000 Euro eingelaufen.

In einer Geschichte vergleicht Jesus unsere Antriebskräfte mit einem Beutel Silberstücke. Jeder Mensch bekommt etwas davon, die einen mehr, die anderen weniger. Aber keiner geht leer aus. So ein Beutel Silberstücke hieß damals auf Griechisch: Talent. Und Jesus hat es so gemeint, wie wir das Wort heute auch verwenden: Gott hat Ihnen und mir und allen anderen solche Talente mitgegeben, um sie für ein lohnendes Ziel einzusetzen. "Es macht den Wert und das Glück des Lebens aus, in etwas Größerem aufzugehen, als wir selber sind." Das hat der Theologe Teilhard de Chardin einmal gesagt.

Trotzdem taucht der Zwiespalt, den wir bei unserer Kindertagesstätte gefühlt haben, auch anderswo immer wieder auf. Ich erlebe diesen gleichen Zwiespalt bei Debatten darüber, was wir für unser Klima tun können oder für Menschen in konkreter Not. In allen Elan mischt sich immer wieder die Skepsis ein: Was kann ich als Einzelner schon tun? Was kann ich schon bewirken?

In der Geschichte Jesu lässt sich ein Mensch von seiner Skepsis bestimmen und vergräbt sein Talent. Zwei andere nutzen ihre Talente und haben Erfolg .

Es wäre doch phantastisch, wenn wir ähnlich große Zuversicht entwickeln könnten für die Ziele, die uns am Herzen liegen. Reden Sie mal mit Ihrer Skepsis. Und erzählen Sie ihr, wie talentiert Sie sind!

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag!

Sendeort und Mitwirkende

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