Offene Einladung - Der Kirchentag
Pfarrer Stefan Claaß
04.06.2011 22:10

Ganz schön mutig, den Evangelischen Kirchentag nach Dresden einzuladen. Schließlich gehören hier nur 20% der Bevölkerung zu einer christlichen Gemeinde.
Andererseits ist gerade der Kirchentag eine offene Einladung an alle Menschen, miteinander zu feiern, zu debattieren und Neues zu erleben. Und die Dresdner, die ich getroffen habe, waren ausgesprochen gelassen und aufgeschlossen.

Das ist nicht selbstverständlich, wenn 120.000 Menschen plötzlich die ganze Stadt belagern. Und das Elbufer. Hier bin ich auf eine der charmantesten Aktionen gestoßen. Lebensgefühl und Suche nach Sinn fürs eigene Leben drücken sich oft mehr in Musik und Bildern aus als in Worten. Darum hat Carsten Damm auf dem Schiff der Anhaltischen Kirche zu einer Malwerkstatt eingeladen.

(Zu Carsten Damm:) "Wenn mein Leben ein Schiff wäre …" – wie sind Sie denn auf die Frage gestoßen?
Carsten Damm: In meiner künstlerischen Ausbildung war das die Aufgabe, an die ich mich am besten erinnere: mein Leben zu malen, wenn ich ein Schiff wäre.
Zeichnet: Ich habe mich damals als Surfbrett gezeichnet. Es hat nicht viel Tiefgang, ist wendig und schnell und ich bin allein in aller Freiheit unterwegs. Heute würde ich wahrscheinlich ein anderes Schiff zeichnen.

Claaß: Sie haben ja jetzt genügend Motive zur Auswahl. In den letzten Tagen haben etliche Jugendliche und Erwachsene hier ihr Lebensgefühle ins Bild gesetzt. (Kamera zeigt Schnellboot, Ruderboot, romantischen Raddampfer, der Herzen aus dem Schornstein bläst.)

Kameraschwenk: Wenn ich malen könnte, würde mein Bild ähnlich aussehen wie das hier: ein Floß. Es funktioniert auf schwierigen Strecken besser als ein großes Schiff. Aber wie ein Schiff bietet es Platz für andere.
Wenn es etwas gibt, was ich auf dem Kirchentag zutiefst schätze, dann ist es das gemeinsame Nachdenken über die wesentlichen Themen des Lebens. Ich brauche Menschen, mit denen ich mich auseinandersetzen muss, von den ich lernen kann und mit denen ich meinen Glauben teilen kann. Miteinander streiten und gemeinsam feiern: beides gehört zum Kirchentag. Und ich brauche es für Zuhause.

Es war mutig, den Evangelischen Kirchentag nach Dresden einzuladen. Und es ist gut. Danke, Dresden, für die tolle Gastfreundschaft! Ich hoffe, dass Gott seine Freude hat an den vielen Begegnungen hier, an den Fragen und an den Bildern.

Ich wünsche Ihnen einen malerischen Sonntag!

Sendeort und Mitwirkende

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