Das Wort zum Sonntag: "Vom Unbegreiflichen ergriffen"
Pfarrer Gereon Alter
01.06.2013 22:55

Kennen Sie das auch: dass Sie über etwas sprechen möchten und Ihnen dann die Worte fehlen, weil sich das, was Sie eigentlich sagen wollen, gar nicht in Worten ausdrücken lässt? – Mir wird es mit Sicherheit gleich so gehen. Ich möchte Ihnen etwas über diesen Gegenstand sagen und weiß schon jetzt, dass ich das Eigentliche gar nicht in Worte fassen kann.

 

Es ist eine Monstranz. Ein Gerät, mit dem katholische Christen sich etwas sehr Kostbares vor Augen führen. Früher wurden solche Monstranzen aus Gold gemacht, mit Edelsteinen besetzt und von jeder Menge Zierrat umgeben. Diese hier ist deutlich schlichter, aber auch sie ist ausgesprochen kostbar. Der Fuß und der Schaft sind aus reinem Silber. Das große Rund ist ein wunderschön geschliffener Bergkristall. Es geht also um etwas sehr Kostbares.

 

Doch dann: Der erste Widerspruch. In die Mitte des Ganzen gehört ein kleines Stück Brot. Nicht mal einen Cent ist es wert. Ist das nicht verrückt? Da wird ein immenser Aufwand betrieben, nur um die Aufmerksamkeit auf etwas sehr Einfaches und Schlichtes zu lenken. Ein Stück Brot: für mich der Inbegriff des Alltäglichen. Wir essen unser täglich Brot, wir arbeiten für unser täglich Brot und wenn wir gut miteinander umgehen, dann teilen wir unser täglich Brot.

 

Des Rätselhaften nicht genug: katholische Christen glauben, dass ihnen in diesem kleinen Stück Brot Gott begegnet. Dass Gott in diesem Brot gegenwärtig ist ... wie denn das?

 

Ich müsste Sie jetzt eigentlich mit in eine Kirche nehmen, in der eine solche Monstranz auf dem Altar steht. Manchmal, am Ende eines langen Arbeitstages, gehe ich in eine solche Kirche. Dann setze ich mich einfach hin, richte meinen Blick auf dieses Brot und lasse all das, was ich an diesem Tag erlebt und getan habe, noch einmal vor meinem inneren Auge Revue passieren.

 

Oft bringt mich das einfach nur zur Ruhe. Manchmal aber geht mir etwas auf, das sich eben nur ganz schwer in Worte fassen lässt. Dann spüre ich, dass all das, was meinen Alltag ausmacht, eine innere Mitte hat. Dass da Einer ist, der das, was ich selbst oft nicht zusammen bekomme, noch einmal auf eine für mich unbegreifliche Weise umgreift. Wie soll ich das erklären? Es ist ein tiefer Friede, den ich dann in mir spüre … der mich mit dem, was in meinem Leben unrund, verletzt oder zerbrochen ist, versöhnt und mir eine ganz neue Kraft für den Alltag gibt.

 

So, wie es diese Monstranz darstellt: Der Bergkristall ist wie mein Alltag alles andere als glatt. Da sind Schlieren, Brechungen und raue Stellen zu sehen. Aber dem Künstler ist es gelungen, ihn so zu schleifen und auf die Mitte hin auszurichten, dass er ein wunderbares Licht ausstrahlt. Als komme die Lichtenergie aus der Mitte.

 

Andreas Meck, so heißt der Künstler, hat diese Monstranz für ein großes Glaubensfest entworfen, das am kommenden Mittwoch in Köln beginnt. Das Fest hat einen etwas seltsamen Namen: "Eucharistischer Kongress", ein schwieriger Begriff. Aber worum es geht bei diesem Fest, das ist eigentlich leicht zu verstehen: Denen Raum zu geben, die sich nach einer inneren Mitte sehnen und nach Kraft für ihren Alltag.

 

Es werden Zehntausende sein, die hier in Köln zusammen kommen. Ein immenser Aufwand wird betrieben. Und doch geht es letztlich um etwas ganz Einfaches: um den Frieden, den der findet, der eine innere Mitte hat, und um die Kraft, die unser Alltag bekommt, wenn darin etwas von der unbegreiflichen Gegenwart Gottes aufscheint.

Sendeort und Mitwirkende