Das Wort zum Sonntag: "Vom Umgang mit Unsicherheiten - Der Euro"
Pfarrer Dr. Wolfgang Beck
08.10.2011 22:10

Blicken sie noch durch, wenn es um den Euro geht? Wie umfangreich waren eigentlich die Rettungspakete, die in den letzten Wochen geschnürt wurden. Ich weiß nur: Sie sind immer größer geworden. Da wird immer mehr Geld eingesetzt, um den Finanzmarkt zu beruhigen. Doch die Nachrichten der letzten Tage sind dann alles andere als beruhigend. Die Sorge um die Zukunft des Euro und der Währungsunion bleibt. Und bei alldem ist es für die meisten Menschen schwer, noch die Zusammenhänge zu verstehen. Aber vielleicht noch schlimmer: Ich weiß nicht, ob diejenigen wirklich durchschauen, die es von sich behaupten und in den Regierungen verantwortlich sind. Und so wächst bei vielen die Unsicherheit weiter.

Da ist die Sorge um das eigene Sparbuch, die Absicherung fürs Alter. Und für mich gehört dazu auch die Frage: Können zukünftige Generationen die Schulden, die wir heute machen, noch abtragen? Ich beobachte in diesen Tagen: Menschen gehen mit der erlebten Unsicherheit ganz unterschiedlich um. Manche bleiben trotz allem gelassen. Sie leben weiter wie bisher. Und vielleicht hoffen sie: So schlimm wird es schon nicht kommen. Andere sind nicht so gelassen. Sie spüren ihre Ohnmacht gegenüber einem Wirtschaftssystem, das sie nicht durchschauen können. Ängste entstehen dann. Und wer wollte schon beurteilen, wo sie berechtigt und wo sie eher übertrieben sind?

Mit Ängsten umzugehen, die meinen Lebensentwurf bedrohen, gehört sicher zu den größten Herausforderungen. Und auch als Pfarrer habe ich da kein Patentrezept. Ich weiß aber: Angst kann Menschen lähmen. Sie sehen dann nur noch die Gefahren. Natürlich: Nie zuvor hatten wir Menschen so viele Möglichkeiten, uns gegen die Risiken des Lebens abzusichern. Doch gegen Ängste helfen nur selten Argumente. Sie lassen sich nicht einfach ausschalten. Stattdessen müssten wir nach Wegen suchen, mit ihnen umzugehen. Mir selbst hilft in den Erfahrungen der Unsicherheit der Blick auf das, was schon einmal getragen hat. Es kann stärken, sich an die persönlichen und die gemeinsamen Grundlagen zu erinnern.

Für unsere Gesellschaft haben uns die Mütter und Väter des Grundgesetzes dazu mit der Sozialen Marktwirtschaft eine Grundlage gegeben. Sie ist mehr, als nur die Logik des "Immer mehr". Sie baut auf den Grundsätzen der katholischen Soziallehre auf. Die fordert, dass Eigentum gerade nicht nur zu Profit führt, sondern auch Verantwortung bedeutet. Vielleicht braucht es häufiger die Erinnerung daran. Es ist eine starke Grundlage, auf die wir da aufbauen können!

Persönlich ist für mich die Suche nach Sicherheiten unmittelbar auch verbunden mit dem Blick auf Gott. Das Buch der Psalmen formuliert das sehr griffig und konkret: "Du, Gott, bist mein Fels, meine Burg." (Psalm 31,4a) Wer so sprechen kann, kommt wohl nicht so leicht ins Wanken. Allerdings: Wer so betet, muss sich auch fragen lassen, ob er es sich nicht zu leicht macht. Er muss sich vorwerfen lassen, die Gefahren nicht ernst genug zu nehmen.

Doch ich meine, dass christlicher Glaube genau hierin stark ist und im besten Sinne stärkt: Er führt Menschen keineswegs dazu, die Augen vor bestehenden Risiken zu verschließen. Doch er nimmt ihnen ihre lähmende Wirkung. Diesen Fels, diesen Blick auf das, was wirklich trägt, wünsche ich uns in den Unsicherheiten, die angesichts von besorgniserregenden Nachrichten entstehen können – und einen gesegneten Sonntag.

Sendeort und Mitwirkende

Kath. Rundfunkreferat NDR

Andreas Herzig
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