Lachen oder Weinen

Lachen oder Weinen
Pfarrer Christian Rommert
28.03.2020 - 23:25

In den sozialen Medien werden zurzeit viele Witze und lustige Bilder geteilt. Ein Witz lautet: „Wenn Sie in der Quarantäne mit Ihren Tieren sprechen, mit Pflanzen sprechen oder Haushaltsgeräten sprechen, ist das völlig NORMAL. Fachliche Hilfe müssen Sie sich erst suchen, wenn ihre Tiere, ihre Pflanzen und ihre Haushaltsgeräte Ihnen antworten.“

 

Die Einen nehmen die Situation, in der wir gerade leben, mit Humor. Vielleicht geht es für sie auch nicht anders als Witze machen...

 

Für die anderen ist das alles schon lang nicht mehr lustig. Auf eine ganz aktuelle Umfrage würde ein Jesuswort exakt passen: „In der Welt da habt Ihr Angst!“. Seit dem zweiten Weltkrieg waren die Deutschen noch nie so hoffnungslos. Über 70% befürchten Schlimmes.

 

Vor ein paar Wochen noch sah es komplett anders aus... Ausblick auf ein tolles Jahr! 2020! Meine Frau und ich – wir haben Silberhochzeit. Lass uns eine Reise machen! Irland! Das wär doch toll! Und plötzlich: jede Menge Sorgen.

Um meine Eltern. Die beide alt sind. Wie gefährlich wird Corona für sie?

Aber auch um unsere erwachsenen Kinder. Die arbeiten müssen. Beim Bäcker. Im Supermarkt. Stecken sie sich an?

 

Es gibt eine Menge Solidarität, Hilfe für Bedürftige und es gibt auf der anderen Seite eine Frage, die einige aussprechen, andere aber sich kaum auszusprechen wagen: „Wie lange soll das denn so gehen?“ Wie lange halte ich das aus, jedem Menschen aus dem Weg zu gehen, Einkaufen mit Handschuh und Maske?

 

Und anfangs haben mir die Hoffnungszeichen noch geholfen: das Singen um 21.00 Uhr, die Kerzenlichter am Fenster, das Glockenläuten. Aber was, wenn das über Monate so geht? Muss das nicht in einem wirtschaftlichen Kollaps enden?

 

Ja, das passt: „In der Welt, da habt Ihr Angst!“

 

Als kleines Kind - das weiß ich noch: Wenn ich Angst hatte, wenn es geknackt hat in unserer alten Mietswohnung, wenn die Schatten an den Wänden aussahen wie Einbrecher ... dann bin ich manchmal in das Bett meiner Eltern gekrabbelt. Und: wir haben dann geredet. Sie haben mich ernstgenommen. Sie haben dann mit mir genau hingehört und ich habe gemerkt, dass auch in ihrem Zimmer die alten Dielen knacken. Ganz normal! Und ja: die Schatten machen Angst, aber schau mal: es ist der Baum draußen. Meine Eltern haben mir gezeigt, wie ich damit umgehen kann, wenn ich in der Welt Angst habe! Nicht wegschauen, nicht weglachen, nicht weghoffen, war die Lösung. Nicht unter die Decke kriechen, sondern der Angst begegnen, die Schatten wahrnehmen. Darüber sprechen. Oft bin ich dann zurück in mein Bett gegangen und konnte wieder ruhig einschlafen. Teilen hilft heilen. Ganz oft. So verändert sich die Angst! Weil es da jemanden gibt, mit dem ich reden kann.

 

Und wenn ich aus dem Bett meiner Eltern zurück in mein Zimmer schlich... „und außerdem“, sagten sie dann, „Gott ist da. Und auch er passt auf dich auf!“ Und sie sagten mir den zweiten Teil des Satzes, der folgt auf „in der Welt habt ihr Angst.“ Er lautet: „Seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“ Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, ich glaube, da draußen gibt es etwas, das größer ist als wir. Und es ist Liebe. Und es ist gut. Und es will Gutes und Liebe für uns. Ich rede mit Gott. Wie damals als Kind. Mich tröstet das und ich wasch mir die Hände und schütze mich und andere. Und ich halte das durch. Bleiben Sie gesund und behütet.